Anweisungen für das Straf- und Bußgeldverfahren (Steuer) - AStBV (St) 2020 -
Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 1.12.2019 (BStBl I S. 1142)
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Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 1.12.2019 (BStBl I S. 1142)
1Die nachfolgenden Anweisungen sollen der einheitlichen Handhabung des Gesetzes dienen und die reibungslose Zusammenarbeit der zur Verfolgung von Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten berufenen Stellen der Finanzbehörden untereinander, mit anderen Stellen der Finanzbehörden sowie mit den Gerichten und Staatsanwaltschaften gewährleisten.
2Die Anweisungen enthalten zur Erleichterung der Amtsgeschäfte eine Zusammenfassung von hierfür maßgeblichen Grundsätzen sowie Hinweise für deren praktische Anwendung. Aus Gründen der Übersichtlichkeit wird zum Teil der Gesetzeswortlaut wiederholt, im Übrigen wird nur auf die einschlägigen Gesetze verwiesen. Bei streitigen Rechtsfragen ist im Interesse einer einheitlichen Verfahrensweise die Auffassung der Verwaltung wiedergegeben.
3Die Anweisungen können wegen der Vielfalt der Lebensvorgänge, auf die sie sich beziehen, nur Anleitungen für den Regelfall geben. Es ist daher im Einzelfall zu prüfen, welche Maßnahmen im Rahmen der anzuwendenden Gesetze und der Rechtsprechung der Gerichte geboten sind.
1Die Anweisungen sind in allen Straf- und Bußgeldverfahren anzuwenden, in denen die Finanzbehörde ermittelt oder zur Mitwirkung berufen ist. Sie sind von allen Bediensteten der Steuerfahndung (Steufa) und der Bußgeld- und Strafsachenstellen (BuStra) zu beachten, ferner von Bediensteten anderer Stellen der Finanzbehörden, soweit es sich um die Zusammenarbeit mit jenen Stellen handelt oder wenn sie Maßnahmen im Straf- oder Bußgeldverfahren treffen.
2Für Steuerstraftaten gelten die allgemeinen Gesetze über das Strafrecht, soweit die Strafvorschriften der Steuergesetze nichts anderes bestimmen. Für Steuerordnungswidrigkeiten gelten die Vorschriften des Ersten Teils des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten, soweit die Bußgeldvorschriften der Steuergesetze nichts anderes bestimmen. Für das Strafverfahren wegen Steuerstraftaten gelten, soweit die §§ 386 ff. AO nichts anderes bestimmen, die allgemeinen Gesetze über das Strafverfahren, namentlich die Strafprozessordnung, das Gerichtsverfassungsgesetz, das Gerichtskostengesetz und das Jugendgerichtsgesetz (§ 385 AO). Die Menschenrechtskonvention und die Charta der Grundrechte der Europäischen Union sind zu beachten.
3Die Rechtsgrundlagen der zwischenstaatlichen Amts- und Rechtshilfe in Steuer- und Steuerstrafsachen ergeben sich aus den §§ 117, 117a, 117b AO, dem Gesetz über internationale Rechtshilfe in Strafsachen sowie multi- und bilateralen Verträgen. Wegen der zwischenstaatlichen Amtshilfe durch Informationsaustausch in Steuersachen wird auf das BMF-Schreiben vom 23. November 2015; BStBl I 2015, 928 und wegen der zwischenstaatlichen Rechtshilfe in Steuerstrafsachen auf das BMF-Schreiben vom 16. November 2006, BStBl I 2006, 698 hingewiesen.
Anspruch auf rechtliches Gehör hat jeder an einem Ermittlungsverfahren Beteiligte. Insbesondere muss dem Beschuldigten Gelegenheit gegeben werden, tatsächliche und rechtliche Ausführungen zu machen und Beweisanträge zu stellen. Bei Maßnahmen, die nur den Gang des Verfahrens betreffen, bedarf es keiner Anhörung, z.B. vor der Bestimmung eines Termins. Bei anderen Maßnahmen kann die vorherige Anhörung unterbleiben, wenn andernfalls der Zweck der Anordnung gefährdet würde, so namentlich bei Beschlagnahmen und Durchsuchungen (§ 33 Abs. 4 StPO); dem von der Maßnahme Betroffenen muss jedoch dann nachträglich Gelegenheit zur Äußerung gegeben werden, wenn und soweit nach der Vollziehung der Anordnung noch ein Nachteil für ihn fortbesteht (BVerfG-Beschluss vom 9. März 1965 - 2 BvR 176/63, BVerfGE 18, 399 (404), NJW 1965, 1171).
Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlangt, dass die jeweilige Maßnahme unter Würdigung aller persönlichen und sachlichen Umstände des Einzelfalles zur Erreichung des angestrebten Zwecks geeignet und erforderlich ist und dass der mit ihr verbundene Eingriff nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und zur Stärke des Tatverdachts steht (Verbot des Übermaßes). Dies gilt vor allem bei Maßnahmen, von denen Unverdächtige betroffen werden (z.B. Durchsuchung von Gebäuden).
1Das Recht auf faires Verfahren gehört zu den wesentlichen Grundsätzen des rechtsstaatlichen Strafverfahrens. Es wird verwirklicht u.a. durch die Gewährung des rechtlichen Gehörs (vgl. Nummer 2), das Recht auf Verteidigung (vgl. Nummern 32 ff.), das Recht des Beschuldigten, zur Sache zu schweigen (§§ 136 Abs. 1 Satz 2; 243 Abs. 5 Satz 1 StPO), die Einräumung von Rechtsbehelfen und die Rechtsbehelfsbelehrung. Der Anspruch auf faires Verfahren verbietet es, Druck oder sonstige unerlaubte Mittel in Richtung eines Geständnisses oder sonstiger Einlassung auszuüben (vgl. Nummer 16 Abs. 2 bis 4 und 49 Abs. 3). Verweigert der Beschuldigte jede Aussage zur Sache, so dürfen hieraus für ihn bei der Beweiswürdigung keine nachteiligen Folgerungen gezogen werden. Dies gilt auch, wenn ihm mehrere Taten (§ 264 StPO) vorgeworfen werden und er nur zu einer oder mehreren dieser Taten die Aussage verweigert. Anders kann es sein, wenn er nur zu einzelnen Punkten einer Tat (§ 264 StPO) schweigt.
2Bis zur rechtskräftigen Verurteilung wird die Unschuld vermutet (Artikel 6 Abs. 2 MRK). Die Unschuldsvermutung verbietet voreingenommene Behandlung des Beschuldigten im Verfahren. Es ist daher alles zu vermeiden, was zu einer nicht durch den Zweck des Ermittlungsverfahrens bedingten Bloßstellung des Beschuldigten führen könnte. Dies gilt insbesondere im Schriftverkehr mit anderen Behörden und Personen. Sollte es nicht entbehrlich sein, den Beschuldigten anzugeben oder die ihm zur Last gelegte Tat zu bezeichnen, ist deutlich zu machen, dass gegen den Beschuldigten lediglich der Verdacht einer Straftat besteht.
Die Finanzbehörde hat auch Umstände, die sich zugunsten des Beschuldigten auswirken können, von Amts wegen zu ermitteln und zu berücksichtigen (§ 160 Abs. 2 StPO). Bei tatsächlichen Zweifeln über die Schuld- und Straffrage gilt für die abschließenden Entscheidungen der Finanzbehörden (vgl. Nummern 79 ff.) der Grundsatz „im Zweifel für den Angeklagten". Werden strafbegründende oder straferhöhende Umstände nicht zur Überzeugung der Finanzbehörde festgestellt, muss dies bei der Prüfung, ob ein Verfahren einzustellen ist und auch beim Antrag auf Erlass eines Strafbefehls sowie beim Antrag auf Anordnung von Nebenfolgen berücksichtigt werden.
1Im Interesse sowohl des Beschuldigten als auch der Strafverfolgung haben alle Amtsträger dafür zu sorgen, dass über die erforderlichen Maßnahmen bei Verdacht von Steuerstraftaten sobald wie möglich entschieden wird. Es sind insbesondere die für die Verfolgung zuständigen Stellen unverzüglich zu unterrichten, wenn hierzu Anlass besteht (vgl. Artikel 6 MRK, Nummern 8, 38 Abs. 1 und 130 bis 133).
2Führt die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen oder ist ein Verfahren bei Gericht anhängig, ist Gericht und Staatsanwaltschaft die gebotene Unterstützung so schnell wie möglich zu gewähren.
Die Nummern 2 bis 6 gelten für das Bußgeldverfahren entsprechend.
1Über die Einleitung oder Nichteinleitung von Verfahren soll, sofern keine besonderen Umstände vorliegen, innerhalb von sechs Monaten nach Eingang des Vorgangs entschieden werden (vgl. auch Nummer 6). Dies gilt insbesondere dann, wenn eine Außenprüfung vorausgegangen und in der Schlussbesprechung gemäß § 201 Abs. 2 AO ein Hinweis auf die straf- oder bußgeldrechtliche Prüfung gegeben worden war.
2Wird in den Fällen des § 201 Abs. 2 AO von der Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens abgesehen, so ist dies dem Steuerpflichtigen mitzuteilen.
Besteht kein Anlass einer Anzeige nachzugehen, so sind die Gründe dafür aktenkundig zu machen. Bei Sachverhalten, für deren Ermittlung die Finanzbehörde nicht zuständig ist, soll der Anzeigeerstatter an die zuständige Strafverfolgungsbehörde oder Verwaltungsbehörde in Bußgeldsachen verwiesen werden, sofern nicht deren Unterrichtung durch die Finanzbehörde angezeigt erscheint. Wegen des Schutzes des Anzeigenerstatters vgl. Nummern 128 und 129.
1Die Eingänge sind darauf zu prüfen, ob
2Ist die Finanzbehörde nicht zuständig, gibt sie die Vorgänge unter Beachtung der Nummern 128 und 129 an die zuständige Stelle ab. Fehlt ihr als Finanzbehörde die Befugnis zur selbständigen Sachverhaltsermittlung, sind die Vorgänge unter Beachtung der Nummern 128 und 129 der zuständigen Staatsanwaltschaft zuzuleiten.
3Ergibt sich sogleich, dass kein Tatverdacht (vgl. Nummer 26) besteht oder dass ein Verfahrenshindernis vorliegt (vgl. Nummer 81 Abs. 1 Satz 2), unterbleibt die Einleitung eines Verfahrens; dies ist aktenkundig zu machen.
1Nach dem Legalitätsprinzip (vgl. Nummer 14) ist die BuStra grundsätzlich berechtigt und verpflichtet, nach Eingang einer Selbstanzeige ein Strafverfahren zur Prüfung der Straffreiheit gemäß § 371 Abs. 1 und 3 AO einzuleiten (BFH-Urteil vom 29. April 2008, BStBl II 2008, 844). Von der Einleitung eines Strafverfahrens ist nur dann abzusehen, wenn in der Selbstanzeige die Angaben erkennbar richtig und vollständig gemacht wurden, die nachzuzahlenden Steuern sowie die Hinterziehungszinsen nach § 235 AO und die Zinsen nach § 233a AO, soweit sie auf die Hinterziehungszinsen nach § 235 Abs. 4 AO angerechnet werden, in voller Höhe entrichtet wurden und keine Ausschlussgründe nach § 371 Abs. 2 Satz 1 AO vorliegen.
2Eine Nachschau hindert die Abgabe einer wirksamen Selbstanzeige gemäß § 371 Abs. 2 Nummer 1e AO beschränkt auf ihren sachlichen und zeitlichen Umfang und unabhängig vom Ort der Nachschau. Inaugenscheinnahmen und Liquiditätsprüfungen sind keine Nachschauen im Sinne der steuerrechtlichen Vorschriften.
3Im Bereich einer vorsätzlichen Steuerhinterziehung ist eine Selbstanzeige vollständig, wenn zu allen unverjährten Steuerstraftaten (§ 369 Abs. 1 Nummer 1 AO) einer Steuerart, mindestens aber zu allen Steuerstraftaten einer Steuerart innerhalb der letzten zehn Kalenderjahre Angaben erfolgen (§ 371 Abs. 1 AO). Die zehn Kalenderjahre sind diejenigen, die dem Jahr des Eingangs der Selbstanzeige vorangehen. Nach dem Vollständigkeitsgebot müssen zu allen unverjährten Steuerstraftaten einer Steuerart in vollem Umfang die unrichtigen Angaben berichtigt werden, die unvollständigen Angaben ergänzt oder die unterlassenen Angaben nachgeholt werden, so dass auch die Steuerstraftaten, die im Kalenderjahr der Abgabe der Selbstanzeige begangen wurden, mit erklärt werden müssen, damit von einer wirksamen Selbstanzeige ausgegangen werden kann. Anknüpfungspunkt für den strafrechtlich noch nicht verjährten Zeitraum ist die materielle Tat, die durch Steuerart und Besteuerungszeitraum bestimmt wird. Bei Abgabe einer unrichtigen oder unvollständigen Erklärung ist für die Berechnung des Berichtigungszeitraums auf den Abgabezeitpunkt der Erklärung abzustellen. Bei Unterlassungsdelikten ist auf die Tatvollendung abzustellen.
4Die BuStra prüft, ob die Angaben für eine wirksame Selbstanzeige ausreichen. Ist der Sachverhalt weiter aufklärungsbedürftig, hat die BuStra die Ermittlungen selbst durchzuführen oder zu veranlassen.
5Hängt die Straffreiheit von der Nachentrichtung der Steuer, der Hinterziehungszinsen nach § 235 AO und der Zinsen nach § 233a AO, soweit sie auf die Hinterziehungszinsen nach § 235 Abs. 4 AO angerechnet werden, ab, veranlasst die BuStra, dass dafür eine angemessene Frist gesetzt und dabei auf die Bedeutung der Einhaltung der Frist hingewiesen wird. Hängt die Bußgeldfreiheit von der Nachentrichtung der Steuer ab, so verfährt die BuStra entsprechend des Satzes 1. Fristverlängerung, Stundung, Vollstreckungsaufschub sowie Erlass dürfen nur im Benehmen mit der BuStra gewährt werden.
1Vorfeldermittlungen (§ 208 Abs. 1 Satz 1 Nummer 3 AO) sind geboten, wenn noch keine konkreten Anhaltspunkte für eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit gegeben sind, jedoch die Möglichkeit einer Steuerverkürzung in Betracht kommt. Die Ermittlungen können sich sowohl auf unbekannte Steuerpflichtige als auch auf unbekannte Sachverhalte beziehen. Es handelt sich um Ermittlungen im Besteuerungsverfahren im Unterschied zu den Vorermittlungen (vgl. Nummer 13). Soweit dazu Anlass besteht, ist dem Steuerpflichtigen das „Merkblatt über die Rechte und Pflichten von Steuerpflichtigen bei Prüfungen durch die Steuerfahndung nach § 208 Abs. 1 Satz 1 Nummer 3 AO“ auszuhändigen, vgl. BMF-Schreiben vom 13. November 2013, IV A 4 – S 0700/07/10048-10, BStBl I 2013, 1458.
2Ergibt sich aufgrund der Ermittlungen der Verdacht einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit im Sinne der Nummern 18, 19 und 105 bis 107, führt die Steufa weitere Ermittlungen im Rahmen ihrer Aufgaben nach § 208 Abs. 1 Satz 1 Nummern 1 und 2 AO durch.
3Ergeben die Ermittlungen, dass ein Verdacht nicht besteht, sind aber weitere Ermittlungen bezüglich der Besteuerungsgrundlagen angezeigt, so führt die Steufa die Ermittlungen selbst durch oder regt deren Durchführung durch andere Stellen an.
1Liegen Anhaltspunkte für eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit im Sinne der Nummern 18, 19 und 105 bis 108 vor, reichen die Erkenntnisse jedoch nicht aus, um den erforderlichen Verdacht (vgl. Nummer 26) zu begründen, sind ggf. Vorermittlungen durchzuführen. Vorermittlungen sind allgemeine und informatorische Maßnahmen zur Gewinnung von Erkenntnissen, ob ein Verdacht gegeben und ein Ermittlungsverfahren durchzuführen ist.
2Mit den Vorermittlungen darf nicht bis zur Festsetzung der verkürzten Steuer oder der Festsetzung des Rückforderungsanspruchs oder bis zum Eintritt der Bestandskraft der Festsetzung gewartet werden, es sein denn, die Verkürzung scheint abweichend von der im Besteuerungsverfahren vom Finanzamt vertretenen Auffassung dem Grunde nach zweifelhaft.
Die Finanzbehörde ist gemäß § 152 Abs. 2 StPO verpflichtet, im Rahmen ihrer Zuständigkeit (vgl. Nummern 23 und 24) wegen aller verfolgbaren Straftaten (vgl. Nummern 18 und 19) ohne Ansehen der Person einzuschreiten, sofern zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen. Das Legalitätsprinzip ist Ausprägung des Rechtsstaatsgedankens und gewährleistet den auch im Strafverfahren geltenden Grundsatz der Gleichheit aller vor dem Gesetz (Artikel 3 GG). Die Finanzbehörde hat auf die Rechtmäßigkeit und Ordnungsmäßigkeit, die Beschleunigung des Verfahrens sowie auf die Zweckmäßigkeit und die Zuverlässigkeit der Ermittlungen zu achten (vgl. auch Nummer 6).
Von der Verfolgung einer Straftat kann, wenn die Verfolgungsvoraussetzungen an sich gegeben sind, nur in den gesetzlich bestimmten Fällen (vgl. Nummer 39; Nummern 82 und 83) abgesehen werden.
1Die Rechte und Pflichten der Steuerpflichtigen und der Finanzbehörden im Besteuerungsverfahren und im Strafverfahren richten sich nach den für das jeweilige Verfahren geltenden Vorschriften (§ 393 Abs. 1 Satz 1 AO). Werden die Besteuerungsgrundlagen im Rahmen des Strafverfahrens ermittelt, so richten sich die Rechte und Pflichten grundsätzlich nach den strafprozessualen Vorschriften.
2Nach Einleitung des Strafverfahrens bleibt der Steuerpflichtige zwar zur Mitwirkung verpflichtet, soweit für Zwecke der Besteuerung ermittelt wird; seine Mitwirkung darf aber nicht mehr mit Hilfe von Zwangsmitteln (§ 328 AO) durchgesetzt werden (§ 393 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Satz 2 AO). Auch schon vor Einleitung eines Strafverfahrens sind im Besteuerungsverfahren Zwangsmittel unzulässig, sofern der Steuerpflichtige dadurch gezwungen würde, sich wegen einer von ihm begangenen Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit zu belasten (§ 393 Abs. 1 Satz 2 AO). Ist gegen einen Steuerpflichtigen wegen der Abgabe unrichtiger Steuererklärungen ein Steuerstrafverfahren anhängig, rechtfertigt das Zwangsmittelverbot für nachfolgende Besteuerungszeiträume weder die Nichtabgabe zutreffender noch die Abgabe unrichtiger Steuererklärungen (vgl. BGH-Beschluss vom 10. Januar 2002 - 5 StR 452/01 - wistra“ 2002, 149). Für die zutreffenden Angaben des Steuerpflichtigen, soweit sie zu einer mittelbaren Selbstbelastung für die zurückliegenden strafbefangenen Besteuerungszeiträume führen, besteht ein strafrechtliches Verwendungsverbot (BGH-Beschluss vom 12. Januar 2005 – 5 StR 191/04). Das Recht zur Schätzung der Besteuerungsgrundlagen (§ 162 AO) bleibt unberührt (vgl. BFH-Beschluss vom 19. September 2001 - XI B 6/01 -, BStBl II 2002, 4).
3Ergeben sich Anhaltspunkte dafür, dass nach Abs. 2 Sätze 1, 2 die Anwendung von Zwangsmitteln unzulässig sein könnte, ist der Steuerpflichtige über die Rechtslage zu belehren (§ 393 Abs. 1 Satz 4 AO). Die Belehrung hat spätestens zu erfolgen, wenn der Steuerpflichtige zur Mitwirkung aufgefordert wird oder, wenn er schon zur Mitwirkung aufgefordert worden war, seine Mitwirkung fortsetzt. Eine Verletzung der Belehrungspflicht gemäß § 393 Abs. 1 Satz 4 AO führt im Besteuerungsverfahren zu keinem Verwertungsverbot (vgl. BFH-Urteil vom 23. Januar 2002 - XI R 10, 11/01 - BStBl II 2002, 328). Im Übrigen wird auf Nummer 29 verwiesen.
4Im Strafverfahren kann der Steuerpflichtige (Beschuldigte) seine Mitwirkung verweigern, ohne dass daraus für ihn nachteilige strafrechtliche Folgen entstehen (§ 136 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 163a Abs. 3, 4 StPO). Im Übrigen wird auf Nummer 4 verwiesen.
1Das Finanzamt führt das Ermittlungsverfahren unbeschadet des Rechts der Staatsanwaltschaft gemäß § 386 Abs. 4 Satz 2 AO selbständig durch, wenn die Tat
2Der Begriff der Tat ist nicht im Sinne der Tateinheit nach § 52 StGB, sondern im prozessualen Sinne des § 264 Abs. 1 StPO zu verstehen (BGH-Urteil vom 4. Juni 1970 - 4 StR 80/70 -, BGHSt 23, 270, NJW 1970, 1427). Für die Annahme einer Tat in diesem Sinne kann es z.B. ausreichen, wenn die einzelnen Tathandlungen so miteinander verknüpft sind, dass ihre getrennte Aburteilung in verschiedenen erstinstanzlichen Verfahren einen einheitlichen Lebensvorgang unnatürlich aufspalten würde. Zur Abgrenzung von Tateinheit und Tatmehrheit vgl. BGH-Beschluss vom 22. Januar 2018 – 1 StR 535/17.
3Soweit die Finanzbehörde das Strafverfahren selbständig durchführt, nimmt sie die Rechte und Pflichten wahr, die der Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren zustehen (§ 399 Abs. 1 AO), z.B. Befugnis zur Beantragung von gerichtliche Untersuchungshandlungen (§ 162 StPO), Anordnung von Beschlagnahmen und Durchsuchungen bei Gefahr im Verzug (§ 98 Abs. 1, § 105 Abs. 1 StPO), Durchsicht von Papieren (§ 110 Abs. 1 StPO), Durchsetzung der Pflicht zum Erscheinen von Beschuldigten (§ 163a Abs. 3 StPO) sowie von Zeugen und Sachverständigen (§ 161a Abs. 1 und 2 StPO), Verlangen auf Vorlage und Auslieferung von Beweisgegenständen (§ 95 StPO), abschließende Entscheidung (vgl. Nummern 79 ff.).
4Aufgaben, welche sich aus der Ausübung staatsanwaltschaftlicher Rechte und Pflichten ergeben, werden von der BuStra wahrgenommen. Ihr obliegt stets die abschließende Entscheidung, insbesondere die Entscheidung über die Einstellung von Verfahren. Auch wenn die BuStra den Sachverhalt nicht selbst aufklärt, sondern die Steufa oder andere Stellen damit beauftragt, hat sie die Ermittlungen zu leiten, mindestens ihre Richtung und ihren Umfang zu bestimmen. Sie kann dabei auch konkrete Einzelweisungen zur Art und Weise der Durchführung einzelner Ermittlungshandlungen erteilen. Sie entscheidet in den Fällen des § 163 Abs. 4 StPO (z.B. Zeugnis- oder Auskunftsverweigerungsrechte).
5Zur Stellung der Finanzbehörde im Verfahren der Staatsanwaltschaft vgl. Nummern 91 bis 93 und im gerichtlichen Verfahren vgl. Nummern 94 bis 96.
Steuerstraftaten (§ 369 AO) sind
Den Steuerstraftaten gleichgestellte Straftaten sind
Die selbständige Ermittlungsbefugnis der Finanzbehörde entfällt, sobald gegen einen Beschuldigten wegen der Tat ein Haftbefehl oder ein Unterbringungsbefehl erlassen ist (§ 386 Abs. 3 AO). Die Finanzbehörde hat in diesen Fällen nur die Rechte und die Pflichten der Behörden des Polizeidienstes sowie die Befugnis zu Maßnahmen nach § 399 Abs. 2 Satz 2 AO (vgl. Nummer 91).
1Ergibt sich in einem Steuerstrafverfahren der Verdacht, dass innerhalb des einheitlichen Lebensvorgangs, der den Gegenstand der Untersuchung bildet (§ 264 StPO), Straftaten begangen wurden, auf die sich die selbständige Ermittlungsbefugnis der Finanzbehörden nicht erstreckt, so sind die Vorgänge der Staatsanwaltschaft vorzulegen.
2Stellt die Finanzbehörde fest, dass ein Steuerstrafverfahren nicht einzuleiten ist, ergeben sich jedoch Tatsachen, die auf eine andere Straftat schließen lassen, ist der Vorgang unter Wahrung des Steuergeheimnisses und unter Beachtung des Legalitätsprinzips an die Staatsanwaltschaft abzugeben; Nummer 128 gilt entsprechend. Nummer 140 Abs. 2 ist zu beachten.
1Die Entscheidung über die Abgabe (§ 386 Abs. 4 Satz 1 AO) ist nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen. Die unverzügliche Abgabe kommt in Betracht, wenn besondere Umstände es angezeigt erscheinen lassen, dass das Ermittlungsverfahren unter der Verantwortung der Staatsanwaltschaft fortgeführt wird. Dies wird insbesondere der Fall sein, wenn
In den Fällen der Nummern 7 und 8 hat eine sofortige Abgabe zu erfolgen.
2In den Fällen, die wegen der Größenordnung oder aus anderen Gründen, namentlich wegen der Persönlichkeit oder der Stellung des Beschuldigten oder wegen des Sachzusammenhangs mit anderen strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, von besonderer Bedeutung sind, hat die Finanzbehörde, sofern sie nicht die Vorgänge gemäß Abs. 1 abgegeben hat, die Staatsanwaltschaft unverzüglich zu verständigen (vgl. auch BGH-Beschluss vom 30. April 2009 - 1 StR 90/09 und Nummer 140). Dies gilt auch, wenn zu entscheiden ist, ob eine wirksame Selbstanzeige i. S. v. § 371 AO gegeben ist (vgl. BGH-Beschluss vom 20. Mai 2010 – 1 StR 577/09).
Das Ermittlungsverfahren führt die Finanzbehörde durch, der die Zuständigkeit nach § 387 Abs. 2 AO übertragen wurde. Daneben kann auch die Finanzbehörde, die die betroffene Steuer verwaltet (§ 387 Abs. 1 AO), im ersten Zugriff den Sachverhalt erforschen und Anordnungen und Maßnahmen nach § 399 Abs. 2 AO treffen.
1Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich aus § 388 AO; wegen des Begriffes des Tatortes wird auf § 9 StGB verwiesen.
2Die örtliche Zuständigkeit bleibt bestehen, wenn die Verwaltungszuständigkeit auf eine andere Finanzbehörde übergeht. Bei Wohnsitzwechsel wird auch die für die Besteuerung neu zuständig werdende Finanzbehörde örtlich zuständig (§ 388 Abs. 2 AO).
3Bei zusammenhängenden Strafsachen (§ 3 StPO) im Sinne der Nummer 17, für die einzeln verschiedene Finanzbehörden örtlich zuständig wären, ist jede dieser Finanzbehörden für jede der zusammenhängenden Strafsachen zuständig (§ 389 AO). Dies gilt nicht, wenn eine der Straftaten zur Zuständigkeit des Hauptzollamtes und eine andere zur Zuständigkeit des Finanzamtes gehört.
1Die Regelung über die mehrfache Zuständigkeit (§ 390 AO) gilt sowohl für die örtliche als auch für die sachliche Zuständigkeit. Zu einer mehrfachen sachlichen Zuständigkeit kann es namentlich kommen, wenn sich die Steuerstraftat auf mehrere Steuerarten, die von verschiedenen Finanzbehörden verwaltet werden, bezieht und es sich um eine Tat im Sinne des § 264 StPO handelt. Eine mehrfache örtliche Zuständigkeit kann sich insbesondere aus der Regelung des § 388 AO ergeben.
2Vorrangig zuständig ist die Finanzbehörde, die wegen der Tat zuerst ein Strafverfahren eingeleitet hat (§ 390 Abs. 1 AO).
3Die andere Finanzbehörde ist zur Übernahme verpflichtet, sofern dies für die Ermittlung sachdienlich erscheint (§ 390 Abs. 2 AO). Es entscheidet zunächst die Behörde, die abgeben will, z.B. weil das Schwergewicht der Tat nicht in ihrem Bezirk liegt oder weil dadurch die Ermittlungen erleichtert werden. In Zweifelsfällen sollte vor der Abgabe eine Verständigung zwischen den beteiligten Finanzbehörden angestrebt werden. Kommt eine Einigung nicht zustande, entscheidet die Aufsichtsbehörde der ersuchten Finanzbehörde (§ 390 Abs. 2 Satz 2 AO).
1Ergibt sich der Verdacht einer verfolgbaren Steuerstraftat, so ist ein Strafverfahren einzuleiten (§ 152 Abs. 2 StPO; sog. Legalitätsprinzip, vgl. auch Nummer 14).
2Ein Verdacht besteht, wenn zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine Steuerstraftat vorliegen. Die bloße Möglichkeit einer schuldhaften Steuerverkürzung (vgl. Nummern 131 Abs. 2, 12, 13) begründet noch keinen Verdacht.
1Ein Strafverfahren wird mit jeder Maßnahme eingeleitet, die erkennbar darauf abzielt, gegen Jemanden wegen einer Straftat im Sinne der Nummern 18 und 19 vorzugehen (§ 397 AO). Dient eine Maßnahme nur der Prüfung, ob ein Verdacht vorliegt (vgl. Nummern 12, 13), so stellt sie noch keine Einleitung dar.
2Spätestens wird ein Strafverfahren eingeleitet durch die Vernehmung eines Beschuldigten oder Zeugen, durch eine Durchsuchung oder Beschlagnahme. Werden diese Maßnahmen auf Grund gerichtlicher Anordnung durchgeführt, so liegt die Einleitung bereits in der Antragstellung.
1Die Einleitung des Strafverfahrens ist dem Beschuldigten spätestens mitzuteilen, wenn er aufgefordert wird, Auskünfte zu geben oder Unterlagen vorzulegen, die mit der Straftat zusammenhängen, auf die sich der Verdacht erstreckt (§ 397 Abs. 3 AO). Erfordert es der Untersuchungszweck, vor der Vernehmung des Beschuldigten zunächst andere Ermittlungen vorzunehmen, z.B. Vernehmungen von Zeugen, so braucht ihm die Einleitung erst bekannt gegeben zu werden, wenn er um Mitwirkung gebeten wird.
2Bei der Bekanntgabe der Einleitung ist der Beschuldigte nach § 136 Abs. 1 StPO zu belehren (vgl. auch Nummer 49 Abs. 1). Es sind ihm nach Möglichkeit Steuerart und Steuerjahr, auf die sich die Tat bezieht, sowie die Handlung, durch welche sie, und der Zeitpunkt, zu dem sie begangen wurde, unter Angabe der gesetzlichen Bestimmungen mitzuteilen.
3Abs. 1 und Abs. 2 gelten entsprechend bei Erweiterung des Tatverdachts.
4Wegen der Rechtsstellung des Steuerpflichtigen wird auf Nummer 16 verwiesen.
Sofern nicht schon vorher ein Anlass besteht, den Steuerpflichtigen gemäß § 393 Abs. 1 Satz 4 AO zu belehren, hat diese Belehrung (vgl. Nummer 16) spätestens mit der Bekanntgabe der Einleitung des Strafverfahrens zu erfolgen. Bei vorläufiger Festnahme des Beschuldigten ist die Pflicht zur unverzüglichen Belehrung nach § 127 Abs. 4 i. V. m. § 114b StPO zu beachten (vgl. Nummer 73 Abs. 8). Dies gilt entsprechend bei Identitätsfeststellungen nach § 163b StPO. Weigert sich der Steuerpflichtige, bei der Durchführung der Besteuerung mitzuwirken, ist er darauf hinzuweisen, dass dies im Besteuerungsverfahren berücksichtigt werden kann und die Besteuerungsgrundlagen ggf. geschätzt werden können. Der Eindruck, dass dadurch ein Druck zur Mitwirkung auf ihn ausgeübt werden soll, ist zu vermeiden. Wegen der Belehrung zu Beginn der ersten Vernehmung vgl. Nummer 49 Abs. 1.
Die Maßnahme, durch die ein Strafverfahren eingeleitet wird, ist unverzüglich unter Angabe des Zeitpunkts in den Akten zu vermerken (§ 397 Abs. 2 AO), die Bekanntgabe der Einleitung unter Angabe von Datum und - wenn möglich - Uhrzeit. Außerdem sind Beschuldigter, Steuerart und Steuerjahr, auf die sich die Tat bezieht, sowie die Handlung, durch welche sie, und der Zeitpunkt, zu dem sie begangen wurde, so vollständig und genau wie möglich anzugeben.
1Die Einleitung des Verfahrens durch andere Stellen ist der BuStra unter Übersendung einer Zweitschrift des Aktenvermerks nach Nummer 30 unverzüglich mitzuteilen.
2Die BuStra teilt die Einleitung des Verfahrens der für die Steuerfestsetzung zuständigen Stelle mit.
1Der Beschuldigte kann sich des Beistandes eines Verteidigers bedienen (§ 137 Abs. 1 StPO); wegen der Belehrung des Beschuldigten vgl. Nummern 49 Abs. 1 und 29. Solange die Finanzbehörde auf Grund des § 386 Abs. 2 AO das Ermittlungsverfahren selbständig durchführt (vgl. Nummer 17), kommen als Verteidiger außer Rechtsanwälten und Rechtslehrern (§ 138 Abs. 1 StPO) auch Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer in Betracht (§ 392 Abs. 1 AO). Andere Personen bedürfen als Verteidiger der Genehmigung durch das Gericht (§ 138 Abs. 2 StPO).
2Wird die Finanzbehörde nach einem geeigneten Verteidiger befragt, hat sie die nach Abs. 1 gesetzlich vorgesehenen Möglichkeiten aufzuzeigen. Dem Beschuldigten sind Informationen zur Verfügung zu stellen, die es ihm erleichtern, einen Verteidiger zu kontaktieren; auf bestehende anwaltliche Notdienste ist dabei hinzuweisen (§ 136 Abs. 1 S. 3 und 4 StPO). Der Beschuldigte kann auch auf die beim zuständigen Amtsgericht und Landgericht geführten Listen der zugelassenen Rechtsanwälte hingewiesen sowie an die Steuerberaterkammer und an die Wirtschaftsprüferkammer verwiesen werden. Die Empfehlung eines bestimmten Verteidigers hat jedoch zu unterbleiben. Nicht zulässig ist die Verteidigung mehrerer Beschuldigter durch einen gemeinschaftlichen Verteidiger (§ 146 StPO).
3Liegt ein Fall der notwendigen Verteidigung vor (§ 140 Abs. 1 und 2 StPO), so soll die Finanzbehörde den Beschuldigten befragen, ob er selbst einen Verteidiger beauftragen wird. Beauftragt der Beschuldigte keinen Verteidiger, so beantragt die BuStra, sofern sie die Ermittlungen selbständig durchführt (vgl. Nummer 17), selbst die Bestellung eines Verteidigers, wenn erkennbar ist, dass im gerichtlichen Verfahren die Mitwirkung eines Verteidigers notwendig sein wird (§ 141 Abs. 3 Satz 2 StPO).
Die Beauftragung eines Wahlverteidigers ist formlos möglich. Der gewählte Verteidiger hat bei Zweifeln an seiner Bevollmächtigung auf Verlangen eine schriftliche Vollmacht vorzulegen, sofern der Beschuldigte die Bevollmächtigung nicht angezeigt hat oder er nicht zusammen mit dem Verteidiger erscheint (vgl. BVerfG – Beschluss vom 14. September 2011 – 2 BvR 449/11). Die Bevollmächtigung endet vor Abschluss des Verfahrens der Finanzbehörde nur mit der Anzeige des Beschuldigten über die Beendigung oder mit der Niederlegung des Mandats durch den Verteidiger.
1Bei der Vernehmung des Beschuldigten durch die BuStra und die Steufa hat der Verteidiger ein Recht auf Anwesenheit; er ist rechtzeitig von dem Vernehmungstermin zu benachrichtigen (§§ 163a Abs. 3 Satz 2, 163a Abs. 4 Satz 3, 168c Abs. 1 und 5 StPO).
2Der anwesende Verteidiger hat ein Erklärungs- und Fragerecht. Ungeeignete oder nicht zur Sache gehörende Fragen oder Erklärungen können zurückgewiesen werden (§ 163a Abs. 3 und 4 i.V.m. § 168c Abs. 1 StPO).
3Bei sonstigen Ermittlungshandlungen von BuStra und Steufa (z.B. Zeugenvernehmung) hat der Verteidiger kein Anwesenheitsrecht. Ihm kann jedoch die Anwesenheit gestattet werden. Dann hat er jedoch kein Erklärungs- oder Fragerecht.
4Wegen der Teilnahme des Beistandes eines Zeugen bei dessen Vernehmung vgl. Nummer 49 Abs. 7. Der Verteidiger eines Beschuldigten darf in derselben Rechtssache nicht rechtlicher Vertreter eines Zeugen sein (§ 356 StGB).
1Vor Abschluss der Ermittlungen (§ 169a StPO) ist dem Verteidiger auf Antrag Einsicht in die Protokolle über Vernehmungen des Beschuldigten, über richterliche Untersuchungshandlungen, bei denen dem Verteidiger die Anwesenheit gestattet worden ist oder hätte gestattet werden müssen, sowie in Sachverständigengutachten zu gewähren (§ 147 Abs. 3 StPO). Die Einsichtnahme in die übrigen Vorgänge sowie die Besichtigung von Beweisstücken kann verwehrt werden, soweit dies den Untersuchungszweck gefährden kann (§ 147 Abs. 2 Satz 1 StPO). Dies ist z.B. anzunehmen, wenn Untersuchungshandlungen vorbereitet sind, deren vorzeitiges Bekanntwerden verhindert werden soll. Befindet sich der Beschuldigte allerdings in Untersuchungshaft oder ist diese im Fall der vorläufigen Festnahme beantragt, sind dem Verteidiger diejenigen Informationen zugänglich zu machen, die für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Inhaftierung wesentlich sind; in der Regel ist insoweit Akteneinsicht zu gewähren (§ 147 Abs. 2 Satz 2 StPO).
2Mit Abschluss der Ermittlungen ist dem Verteidiger uneingeschränkt Akteneinsicht zu gewähren und die Besichtigung von Beweisstücken zu gestatten (§ 147 Abs. 1, 2 StPO). Dies gilt auch für Steuerakten, die zum Zwecke der Beweisführung für das Strafverfahren herangezogen werden. Zur Form der Gewährung der Akteneinsicht wird auf § 32f Abs. 1 und Abs. 2 StPO hingewiesen.
3Handakten sowie andere innerdienstliche Vorgänge (z.B. verwaltungsinterne Vermerke), die dem Gericht nicht vorgelegt werden, sind von der Akteneinsicht auszuschließen (vgl. Nummer 186 Abs. 3 RiStBV).
4Vor der Einsichtnahme oder der Besichtigung von Beweisstücken ist zu prüfen, ob sich aus ihnen Verhältnisse Dritter ergeben, die dem Steuergeheimnis unterliegen. Hat der Dritte die Finanzbehörde nicht von der Wahrung des Steuergeheimnisses entbunden, ist eine Offenbarung und somit eine Einsichtnahme nur zulässig, soweit die Beweisstücke der Staatsanwaltschaft oder dem Gericht vorgelegt werden (§ 30 Abs. 4 Nummer 1 AO); auf Nummer 128 wird hingewiesen.
5Auf Antrag sollen dem Verteidiger, soweit nicht wichtige Gründe entgegenstehen, die Akten mit Ausnahme der Beweisstücke zur Einsichtnahme in seine Geschäftsräume oder in seine Wohnung mitgegeben werden (§ 32f Abs. 2 StPO). Entscheidungen über die Form der Gewährung von Akteneinsicht sind nicht anfechtbar (§ 32f Abs. 3 StPO). Werden die Akten dem Verteidiger auf seinen Antrag hin übersandt, so kann hierfür gemäß § 385 Abs. 1 AO i.V.m. § 1 Satz 1 Nummer 5, § 3 Abs. 2 GKG i.V.m. Nummer 9003 KVGKG eine Aktenversendungspauschale erhoben werden.
6Das Recht zur Akteneinsicht umfasst auch das Recht, Abschriften oder Ablichtungen zu fertigen.
7Der Beschuldigte, der keinen Verteidiger hat, ist befugt, die Akten einzusehen und unter Aufsicht amtlich verwahrte Beweisstücke zu besichtigen, soweit der Untersuchungszweck auch in anderen Strafverfahren nicht gefährdet werden kann und überwiegende schutzwürdige Interessen Dritter nicht entgegenstehen. An Stelle der Einsichtnahme in die Akten können ihm auch Kopien aus den Akten bereitgestellt werden (§ 147 Abs. 4 StPO). Soweit nicht wichtige Gründe entgegenstehen, können Aktenkopien auch mitgegeben werden (§ 32f Abs. 2 StPO). § 477 Abs. 5 StPO gilt entsprechend. Werden die Aktenkopien dem Beschuldigten auf seinen Antrag hin übersandt, so kann hierfür in entsprechender Anwendung des § 385 Abs. 1 AO i.V.m. § 1 Satz 1 Nummer 5, § 3 Abs. 2 GKG i.V.m. Nummer 9003 KVGKG eine Aktenversendungspauschale erhoben werden. Im Übrigen gelten die Absätze 1 bis 4 entsprechend.
8Den Sachverständigen kann die Finanzbehörde Akteneinsicht und Besichtigung der Beweismittel nach pflichtgemäßen Ermessen gewähren (§ 80 Abs. 2 StPO). Zeugen und deren Beistände, der Anzeigeerstatter und sein Bevollmächtigter haben nach § 147 StPO kein Recht auf Akteneinsicht. Diese Personen können jedoch nach § 475 StPO unter bestimmten Voraussetzungen Auskünfte aus Akten erhalten bzw. es kann ihnen Akteneinsicht gewährt werden.
9Über die Gewährung der Akteneinsicht entscheidet im vorbereitenden Verfahren und nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens die BuStra, soweit die Finanzbehörde das Strafverfahren selbständig durchführt (vgl. Nummer 17), in anderen Fällen die Staatsanwaltschaft (§ 147 Abs. 5 StPO).
1Besteht der begründete Verdacht, dass der Verteidiger an der Tat beteiligt war, und soll das Verfahren nicht an die Staatsanwaltschaft abgegeben werden, prüft die Finanzbehörde die Frage der Ausschließung (§§ 138a,138c StPO); die Unterrichtung der Staatsanwaltschaft (vgl. Nummer 140) wird in der Regel angebracht sein. Ergibt die Prüfung, dass der Verdacht dringend ist oder die Eröffnung des Hauptverfahrens rechtfertigen würde, ist ein Antrag auf Ausschluss mit Begründung über die vorgesetzte Behörde an das Oberlandesgericht zu stellen.
2Bis zur Entscheidung des Oberlandesgerichts können die Vernehmung des Beschuldigten sowie die Gewährung von Akteneinsicht zurückgestellt werden. Ob gegen den Verteidiger wegen der Teilnahme an der Tat das Verfahren einzuleiten ist, hat die Finanzbehörde nach Nummer 26 zu entscheiden.
1Ziel der Ermittlungen ist es, eine Entscheidung darüber zu treffen, ob und in Bezug auf welchen Sachverhalt sowie nach welcher Strafbestimmung die öffentliche Klage, ggf. durch Stellung eines Antrages auf Erlass eines Strafbefehls, oder ein Antrag nach § 406 AO geboten erscheint (§ 160 StPO) oder ob das Verfahren einzustellen ist. Hierbei ist darauf zu achten, dass die Ermittlungen auf das Wesentliche gerichtet werden.
2Art und Umfang der Ermittlungen richten sich nach den Umständen des einzelnen Falles. Es gilt der Grundsatz der freien Gestaltung des Ermittlungsverfahrens, wobei das Übermaßverbot (vgl. Nummer 3) besonders zu beachten ist.
1Sind mehrere prozessual selbständige Straftaten im Sinne der Nummern 18 und 19 zu verfolgen, und hängen diese Straftaten persönlich oder sachlich zusammen (§ 3 StPO), hat die Finanzbehörde in der Regel die Verfahren zu verbinden. Die Verbindung unterbleibt, wenn dies im Interesse der Beschleunigung der Strafverfolgung liegt. Unter diesem Gesichtspunkt ist auch zu prüfen, ob und inwieweit nach erfolgter Verbindung wieder Teile abzutrennen und als Verfahren gesondert zu führen sind.
2Hängen Straftaten im Sinne der Nummern 18 und 19 mit einer anderen Straftat zusammen, ist nach Nummer 22 Abs. 1 Nummer 4 und Nummer 140 Abs. 3 zu verfahren.
1Wird gegen denselben Beschuldigten wegen mehrerer Taten im Sinne der Nummern 18 und 19 ermittelt, kann die BuStra unter den Voraussetzungen des § 154 Abs. 1 Nummer 1 StPO von der Verfolgung einer oder mehrerer der Taten absehen. Von der Möglichkeit der Einstellung nach § 154 Abs. 1 StPO soll die BuStra in einem möglichst frühen Verfahrensstadium Gebrauch machen. Sie prüft zu diesem Zweck vom Beginn der Ermittlungen an, ob die Voraussetzungen für eine Verfahrensbeschränkung vorliegen. Wird von der Verfolgung einer oder mehrerer Taten abgesehen, ist dies aktenkundig zu machen. Der Zustimmung des Gerichts bedarf es nicht. Auf die Wiederaufnahmemöglichkeit nach § 154 Abs. 4 StPO wird hingewiesen.
2Abs. 1 gilt auch, wenn wegen der anderen Taten von einer anderen Finanzbehörde ermittelt wird sowie dann, wenn die Staatsanwaltschaft wegen anderer Straftaten ermittelt, andere Straftaten bei einem Gericht anhängig sind oder bereits auf Grund solcher Verfahren eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung rechtskräftig verhängt worden ist. Sofern das Bezugsverfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist, ist die Entscheidung im Benehmen mit der anderen Finanzbehörde oder der Staatsanwaltschaft zu treffen.
3Erstreckt sich das Verfahren auf eine Tat mit mehreren abtrennbaren Teilen oder sind durch dieselbe Tat mehrere Gesetzesverletzungen begangen worden, kann die BuStra die Strafverfolgung nach Maßgabe des § 154a StPO beschränken. Abs. 1 Sätze 2 bis 6 sowie Abs. 2 gelten entsprechend.
4Die §§ 154 und 154a StPO sind insbesondere in Verfahren mit einer für das Steuerstrafverfahren ungewöhnlich großen Anzahl von Einzeltaten oder von aufklärungsbedürftigen Vorgängen anzuwenden. Falls die Bildung einer Gesamtstrafe in Betracht kommt, ist auf die Auswirkung der auszuscheidenden Tat auf die zu erwartende Gesamtstrafe abzustellen. Bei der Prüfung, ob bei Verkürzungsdelikten die zu erwartende Strafe neben einer anderen Strafe "nicht beträchtlich" ins Gewicht fällt, kann im Regelfall auf das Verhältnis der verkürzten Beträge abgestellt werden. Nach § 154 StPO soll hier nicht von der Verfolgung einer Tat abgesehen werden, auf die von den insgesamt verkürzten Steuern mehr als ein Drittel entfällt. Entsprechendes gilt für § 154a StPO.
5Solange die Besteuerungsgrundlagen noch nicht ermittelt sind, ist von §§ 154, 154a StPO nur in Ausnahmefällen Gebrauch zu machen, z.B. wenn die Steuerfestsetzung nach § 156 Abs. 2 AO nach Auffassung der zuständigen Stelle unterbleiben kann.
1Die Finanzbehörde hat, auch zugunsten des Beschuldigten, für die Erhebung und Sicherung der Beweise Sorge zu tragen, deren Verlust zu befürchten ist (§§ 399, 402 AO, §§ 160 Abs. 2, 163 Abs. 1 StPO). Hierzu gehört z.B. ferner die Sicherstellung von Gegenständen, die als Beweismittel für die Untersuchung von Bedeutung sein können sowie ggf. die Veranlassung einer gerichtlichen Vernehmung. Auf die rechtzeitige Erhebung und Sicherung der Beweise ist auch in den Fällen zu achten, in denen das Strafverfahren nach § 396 AO ausgesetzt worden ist oder seine alsbaldige Durchführung nicht zweckmäßig erscheint, z.B. weil vor Erhebung der öffentlichen Klage für längere Zeit die Abwesenheit des Beschuldigten oder ein anderes in seiner Person liegendes Hindernis entgegen steht (§ 154f StPO).
2Wegen der Verwahrung beschlagnahmter Gegenstände vgl. Nummer 74 RiStBV.
Zu den Rechtsfolgeumständen, auf die sich die Ermittlungen erstrecken sollen (vgl. § 160 Abs. 3 Satz 1 StPO), gehören insbesondere Umstände, die für die Bemessung der Strafe von Bedeutung sind (vgl. §§ 46 ff. StGB). Grenzen für die Ermittlung der Rechtsfolgeumstände können sich aus dem Verwertungsverbot nach § 51 BZRG und ggf. aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ergeben, insbesondere, soweit die Ermittlungen nicht ohne Eindringen in die Privatsphäre des Beschuldigten durchgeführt werden können. Auf die Nummern 13, 14 und 15 Abs. 1 bis 3 RiStBV wird hingewiesen
1Die BuStra kann zur Durchführung ihrer Ermittlungen von allen öffentlichen Behörden Auskunft verlangen und Ermittlungen jeder Art, z.B. Einsichtnahme in Akten, entweder selbst vornehmen oder durch die Steufa, ggf. auch durch die Behörden und Beamten des Polizeidienstes vornehmen lassen (§ 161 StPO). Die Ermittlungsbefugnisse der Steufa nach §§ 208 und 404 AO bleiben unberührt.
2Bei Auskunftsersuchen an Behörden sind einschlägige Geheimhaltungsbestimmungen zu beachten (vgl. z.B. § 35 SGB 1, § 39 PostG).
1Die BuStra kann die Vornahme gerichtlicher Untersuchungshandlungen, z.B. die eidliche Vernehmung von Zeugen, beim Amtsgericht beantragen (§ 162 StPO).
2Der Antrag auf Vornahme einer gerichtlichen Untersuchungshandlung soll regelmäßig nur dann gestellt werden, wenn diese aus besonderen Gründen für erforderlich erachtet wird, z.B. weil der Verlust eines Beweismittels droht oder ein Geständnis festzuhalten ist (§ 254 StPO) oder, wenn eine Straftat nur durch Personen bewiesen werden kann, die zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigt sind (vgl. Nummer 10 RiStBV). Im Hinblick auf Nummer 47 Abs. 1 ist bei Nichterscheinen des Zeugen ein Antrag auf gerichtliche Vernehmung regelmäßig nur zu stellen, wenn der Zeuge vereidigt (§ 62 StPO) oder ein verlesbares Vernehmungsprotokoll beschafft werden soll (§ 251 StPO).
3Die einzelnen Untersuchungshandlungen müssen im Antrag angegeben werden, ggf. unter Beschränkung auf einzelne Beweisthemen.
4Zum Antrag auf Anordnung der Durchsuchung oder Beschlagnahme vgl. Nummer 60.
Vor der Vornahme von Amtshandlungen außerhalb der Diensträume haben sich die für die jeweiligen Einsatzorte verantwortlichen Amtsträger auszuweisen. Die weiteren an den Maßnahmen beteiligten Amtsträger haben sich auf Verlangen auszuweisen. Soweit der Zweck der Maßnahme beeinträchtigt oder der Amtsträger gefährdet würde, sind Einschränkungen der Ausweispflicht zulässig.
Wegen der Ladung des Beschuldigten durch BuStra oder Steufa vgl. Nummer 44 RiStBV, wegen der Ladung des Zeugen vgl. Nummer 64 RiStBV, Nummer 54 Abs. 2 Satz 1.
1Auf Ladung der BuStra ist der Beschuldigte verpflichtet, vor dieser zu erscheinen (§ 163a Abs. 3 Satz 1 StPO), wenn sie das Ermittlungsverfahren selbständig durchführt (vgl. Nummer 17). Der Beschuldigte ist nicht verpflichtet, vor der Steufa zur Vernehmung zu erscheinen.
2Der Beschuldigte ist nicht verpflichtet, zur Sache auszusagen (vgl. Nummer 16). Dieses Aussageverweigerungsrecht bezieht sich nicht auf die Angaben zur Person.
1Zeugen sind verpflichtet, auf Ladung der BuStra vor dieser zu erscheinen und zur Sache auszusagen (§ 161a Abs. 1 Satz 1 StPO), wenn sie das Ermittlungsverfahren selbständig durchführt. Zeugen sind auch verpflichtet, auf Ladung vor der Steufa zu erscheinen und zur Sache auszusagen, wenn der Ladung ein Auftrag der Staatsanwaltschaft oder BuStra zugrunde liegt (§ 163 Abs. 3 Satz 1 StPO).
2Zur Verweigerung des Zeugnisses sind insbesondere nahe Angehörige und Angehörige bestimmter Berufsgruppen einschließlich ihrer mitwirkenden Personen berechtigt (§§ 52 bis 53a, 56 StPO). Nahe Angehörige sind Verlobte, Ehegatten und die in § 52 Abs. 1 Nummer 3 StPO bezeichneten Verwandten und Verschwägerten sowie die in § 52 Abs. 1 Nummer 2a StPO bezeichneten Lebenspartner. Wegen der Verwandtschaft und Schwägerschaft wird auf die §§ 1589, 1590 BGB verwiesen.
3Ein Zeuge braucht Fragen, deren Beantwortung ihn oder nahe Angehörige der Gefahr der Verfolgung wegen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit aussetzen würden, nicht zu beantworten (§§ 55, 56 StPO). In bestimmten Fällen braucht der Zeuge keine Angaben zu seinem Wohnsitz zu machen (§ 68 Abs. 2 bis 4 StPO). Zur Belehrung des Zeugen vgl. Nummer 49 Abs. 7.
Angehörige des öffentlichen Dienstes bedürfen für ihre Aussagen in dienstlicher Angelegenheit einer Genehmigung ihres Dienstvorgesetzten (§ 54 StPO). Auf Nummer 66 RiStBV wird hingewiesen.
1Zu Beginn der ersten Vernehmung ist dem Beschuldigten zu eröffnen, welche Tat ihm zur Last gelegt wird, bei Vernehmung durch die BuStra auch, welche Strafvorschriften in Betracht kommen. Weiterhin ist der Beschuldigte darüber zu belehren, dass es ihm freistehe, sich zu der Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und jederzeit auch schon vor der Vernehmung, einen von ihm zu wählenden Verteidiger zu befragen und dass er zu seiner Entlastung einzelne Beweiserhebungen beantragen und unter den Voraussetzungen des § 140 Abs. 1 und 2 StPO die Bestellung eines Verteidigers nach Maßgabe des § 141 Abs. 1 und 3 StPO beanspruchen kann; zu Letzterem ist er auch auf die Kostenfolge des § 465 StPO (Kostentragungspflicht im Falle der Verurteilung) hinzuweisen (§ 163a Abs. 4 i.V.m. § 136 Abs. 1 StPO). Die Belehrung des Beschuldigten vor seiner Vernehmung nach § 136 Abs. 1 StPO sowie § 163a StPO ist zu dokumentieren (§ 168b Abs. 3 StPO). Möchte der Beschuldigte vor seiner Vernehmung einen Verteidiger befragen, sind ihm Informationen zur Verfügung zu stellen, die es ihm erleichtern, einen Verteidiger zu kontaktieren; auf bestehende anwaltliche Notdienste ist dabei hinzuweisen. Dies ist ebenfalls zu dokumentieren. Nummer 29 bleibt unberührt.
2Die Vernehmung zur Sache soll dem Beschuldigten Gelegenheit geben, sich gegen den strafrechtlichen Vorwurf zu verteidigen (§ 136 Abs. 2 StPO). Hierzu sind ihm die Verdachtsgründe mitzuteilen, soweit es für seine Verteidigung angezeigt erscheint.
3Die Vernehmung des Beschuldigten kann in Bild und Ton aufgezeichnet werden. Sie ist aufzuzeichnen, wenn die schutzwürdigen Interessen von Beschuldigten unter 18 Jahren oder Beschuldigten, die erkennbar unter eingeschränkten geistigen Fähigkeiten oder einer schwerwiegenden seelischen Störung leiden, durch die Aufzeichnung besser gewahrt werden können (vgl. § 136 Abs. 4 StPO).
4Den Willen beeinträchtigende Vernehmungsmethoden und -mittel, wie z.B. Ermüdung und Täuschung, sind unzulässig (§ 136a StPO) und haben ein Verwertungsverbot zur Folge (vgl. Nummer 149).
5Wurde ein Tatverdächtiger zunächst zu Unrecht als Zeuge vernommen, so ist er wegen des Belehrungsverstoßes (§ 136 Abs. 1 Satz 2 StPO) bei Beginn der nachfolgenden Vernehmung als Beschuldigter auf die Nichtverwertbarkeit der früheren Angaben hinzuweisen („qualifizierte“ Belehrung); BGH-Urteil vom 18. Dezember 2008 - 4 StR 455/08 - wistra 5/2009, S.198ff.
6Ist der Beschuldigte der deutschen Sprache nicht mächtig oder ist er hör- oder sprachbehindert, hat die Ermittlungsbehörde einen Dolmetscher oder Übersetzer heranzuziehen, soweit dies zur Ausübung der strafprozessualen Rechte des Beschuldigten erforderlich ist.
7Der Zeuge ist über sein Zeugnisverweigerungsrecht zu belehren, wenn Anhaltspunkte für ein solches Recht erkennbar sind (§ 52 Abs. 3 StPO). Obwohl davon ausgegangen werden kann, dass jeder die mit seinem Beruf zusammenhängenden Rechte und Pflichten kennt, soll auch auf das Zeugnisverweigerungsrecht nach §§ 53, 53a StPO hingewiesen werden. Eine Belehrung nach § 55 Abs. 2 StPO muss spätestens erfolgen, sobald Anhaltspunkte dafür erkennbar werden, dass der Zeuge durch seine Aussage sich selbst oder einen nahen Angehörigen in die Gefahr der Verfolgung wegen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit bringen würde. Vor der Vernehmung ist der Zeuge zur Wahrheit zu ermahnen und über die strafrechtlichen Folgen einer unrichtigen oder unvollständigen Aussage zu belehren (§ 57 Satz 1 StPO). Die Vernehmung des Zeugen kann in Bild und Ton aufgezeichnet werden (§ 58a StPO). Ferner sind die §§ 58, 58a und 68 bis 69 StPO entsprechend anzuwenden (§ 163 Abs. 3 Satz 2 StPO).
8Der Zeuge kann sich bei seiner Vernehmung eines anwaltlichen Beistandes bedienen (§ 68b Abs. 1 Satz 1 StPO) oder mit einem Angehörigen der steuerberatenden Berufe (vgl. Nummer 32 Abs. 1) als Beistand erscheinen. Unter den Voraussetzungen des § 68b Abs. 2 StPO ist einem besonders schutzwürdigen Zeugen ein Rechtsanwalt als Zeugenbeistand beizuordnen. Der Beistand hat nicht mehr Befugnisse als der Zeuge selbst. Rechtfertigen bestimmte Tatsachen die Annahme, dass die Anwesenheit des anwaltlichen Beistandes die geordnete Beweiserhebung nicht nur unwesentlich beeinträchtigen würde, kann er von der Vernehmung ausgeschlossen werden (§ 68b Abs. 1 Satz 3, 4 StPO).
Die Anfertigung von Notizen durch Beschuldigte, Zeugen, Verteidiger und Beistände ist zulässig.
1Über die Vernehmung soll ein Protokoll nach Maßgabe der Abs. 2 bis 5 aufgenommen werden, soweit dies ohne erhebliche Verzögerung der Ermittlungen geschehen kann. Andernfalls ist das Ergebnis der Vernehmung auf andere Weise aktenkundig zu machen (§ 168b StPO).
2Beginn und Ende der Vernehmung sowie die Belehrung des Vernommenen sind in dem Protokoll festzuhalten. Auf Nummer 45 Abs. 2 RiStBV wird hingewiesen.
3Das Protokoll ist dem Vernommenen zur Genehmigung vorzulesen oder zur Durchsicht vorzulegen. Berichtigungen, die den Sinn der Vernehmung berühren, soll der Vernommene mit seinem Handzeichen versehen.
4Der Vernommene unterschreibt das Protokoll mit seinem Vor- und Zunamen unter der Genehmigungsformel „Vorgelesen, genehmigt und unterschrieben" oder „Selbst gelesen, genehmigt und unterschrieben" oder „nach Diktat genehmigt". Verzichtet der Vernommene auf das Vorlesen oder die Vorlage zur Durchsicht, so ist dies in dem Protokoll zu vermerken. Der Vernehmende und ein etwaiger Protokollführer unterzeichnen sodann mit Namen und Dienstbezeichnung.
5Verweigert der Vernommene seine Aussage oder seine Unterschrift, so ist dies unter Angabe der Gründe in dem Protokoll zu vermerken.
6Beschuldigter und Zeuge haben keinen Anspruch auf Aushändigung von Vernehmungsprotokollen. Dem Beschuldigten soll jedoch eine Durchschrift des Vernehmungsprotokolls ausgehändigt werden, wenn eine Gefährdung des Untersuchungszweckes nicht zu befürchten ist. Wegen des Akteneinsichtsrechts vgl. Nummer 35.
7Die Aushändigung von Abschriften des Vernehmungsprotokolls ist in den Akten zu vermerken.
In geeigneten Fällen kann es ausreichen, dass sich Beschuldigte und Zeugen schriftlich äußern. Dies kommt insbesondere in Betracht, wenn der Beschuldigte oder Zeuge für seine Aussage Akten, Geschäftsbücher oder andere umfangreiche Schriftstücke braucht (vgl. Nummer 67 RiStBV).
1Erscheint der Beschuldigte auf Ladung der BuStra nicht (vgl. Nummer 46 Abs. 1), ist darüber zu entscheiden, ob
2Eine Vorführung (§§ 163a Abs. 3 Satz 2; 134, 135 StPO) wird nur in Ausnahmefällen in Betracht kommen. Leistet der Beschuldigte Widerstand oder ist mit Widerstand zu rechnen, ist Amtshilfe der polizeilichen Vollzugsorgane in Anspruch zu nehmen.
3Erscheint der Beschuldigte auf Ladung der Steufa nicht (vgl. Nummer 46 Abs. 1 Satz 2), soll eine Ladung durch die BuStra zum Erscheinen vor der BuStra herbeigeführt werden, wenn diese das Verfahren selbständig durchführt (vgl. Nummer 17), sofern nicht die Ladung zu wiederholen, ihm Gelegenheit zur schriftlichen Äußerung zu geben oder durch die BuStra gerichtliche Vernehmung (vgl. Nummer 43) zu beantragen ist. Führt die Staatsanwaltschaft das Verfahren durch, ist sie zu unterrichten.
1Erscheint der Zeuge auf Ladung der BuStra nicht, ist darüber zu entscheiden, ob bei ungenügend entschuldigtem Ausbleiben
2Festsetzung eines Ordnungsgeldes, Auferlegung der Kosten und zwangsweise Vorführung dürfen nur angeordnet werden, wenn in der Ladung auf sie hingewiesen wurde (§ 48 Abs. 2 StPO). Wird der Zeuge nachträglich genügend entschuldigt, werden die Anordnungen wieder aufgehoben (§§ 161a Abs. 2 Satz 1, 51 Abs. 2 Satz 3 StPO). Bei wiederholtem Ausbleiben kann Ordnungsgeld noch einmal festgesetzt werden. Für die Anordnung und Ausführung der zwangsweisen Vorführung gilt Nummer 53 Abs. 2 sinngemäß.
3Bei unberechtigter Zeugnisverweigerung ist der Zeuge darauf hinzuweisen, dass ihm die durch seine Weigerung verursachten Kosten auferlegt und zugleich gegen ihn ein Ordnungsgeld festgesetzt werden können (§§ 161a Abs. 2 Satz 1, 70 StPO); ggf. ist darüber zu befinden, ob gemäß § 162 Abs. 1 Satz 1 StPO gerichtliche Vernehmung beantragt werden soll. Ordnungsgeld darf in demselben Verfahren oder in einem gegen einen anderen Beschuldigten gerichteten Verfahren, das dieselbe Tat zum Gegenstand hat, gegen den Zeugen nur einmal festgesetzt werden (§§ 161a Abs. 2 Satz 1, 70 Abs. 4 StPO). Zur Erhebung des Ordnungsgeldes vgl. Nummer 120.
4Erscheint ein Zeuge auf Ladung vor der Steufa nicht (vgl. Nummer 47 Abs. 1 Satz 2) gilt Nummer 54 Abs. 1 entsprechend mit der Maßgabe, dass die BuStra, wenn diese das Verfahren selbständig führt (vgl. Nummer 17), über etwaige weitere Maßnahmen entscheidet, vgl. auch § 163 Abs. 4 Nummer 4 StPO. Führt die Staatsanwaltschaft das Verfahren, ist sie zu unterrichten.
Zeugen, Sachverständige, Dolmetscher und Dritte werden nach dem Justizvergütungs- und ‑entschädigungsgesetz (JVEG) entschädigt (§ 405 AO; § 1 JVEG).
1Die Durchsuchung der Wohnung und anderer Räume, der Person und der ihr gehörenden Sachen ist zulässig
2Zu den anderen Räumen im Sinne des Abs. 1 gehören die Geschäftsräume, nur vorübergehend benutzte oder mitbenutzte Räumlichkeiten, z.B. Hotelzimmer, Schließfachräume, sowie die sonstigen Räumlichkeiten des befriedeten Besitztums, z.B. umzäunte Gärten.
3Zu den Sachen, auf die sich die Durchsuchung erstrecken kann, gehören Schränke, Koffer und Fahrzeuge sowie Bankbehältnisse, z.B. Schließfächer.
1Beschlagnahmt werden können
Zu den Gegenständen, die nach Nummer 1 beschlagnahmt werden können, gehören auch E-Mails auf dem Mailserver des Providers (BVerfG - 2 BvR 902/06 vom 16. Juni 2009).
2Werden bei Gelegenheit einer Durchsuchung Gegenstände gefunden, die zwar in keiner Beziehung zu der Straftat stehen, wegen der die Durchsuchung stattfindet, die aber auf eine andere - auch nichtsteuerliche - Straftat hindeuten (sog. Zufallsfunde), sind sie einstweilen in Beschlag zu nehmen (§ 108 StPO). Eine planmäßige Suche nach solchen Gegenständen ist nicht erlaubt.
3Der Beschlagnahme bedarf es nicht, soweit die Gegenstände freiwillig herausgegeben werden (§ 94 Abs. 2 StPO).
4Bei Beweisgegenständen, die sich im Gewahrsam von Angehörigen (§ 52 StPO), Berufsgeheimnisträgern (§ 53 StPO) und deren mitwirkende Personen (§ 53a StPO) befinden, ist das Beschlagnahmeverbot nach § 97 StPO zu beachten; wegen der Postbeschlagnahme vgl. Nummer 61.
1Die Zulässigkeit der Beschlagnahme von Gegenständen, die sich im Gewahrsam von Rechtsanwälten, Steuerberatern, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfern und vereidigten Buchprüfern sowie deren mitwirkende Personen befinden, wird durch § 97 Abs. 1 und 4 StPO im Hinblick auf das diesen Personen zustehende Zeugnisverweigerungsrecht eingeschränkt (vgl. Nummer 57 Abs. 4). Nicht beschlagnahmefähig sind die Akten des Berufsgeheimnisträgers mit dem zwischen ihm und dem Beschuldigten geführten Schriftwechsel, seine Aufzeichnungen über Mitteilungen des Beschuldigten und andere Umstände, auf die sich das Zeugnisverweigerungsrecht erstreckt, sowie sonstige Gegenstände, auf die sich das Zeugnisverweigerungsrecht des Berufsgeheimnisträgers erstreckt (sog. beschlagnahmefreie Gegenstände); zur Zulässigkeit der Durchsuchung der Kanzlei eines Strafverteidigers im Steuerstrafverfahren vgl. LG Fulda, Beschluss vom 12. Oktober 1999 – 2 Qs 51/99, wistra 2000, 155; zu den Anforderungen an die Beschlagnahme von Datenträgern und hierauf gespeicherten Daten vgl. BVerfG vom 12. April 2005 – 2 BvR 1027/02, wistra 2005, 295 ff. Sind Gegenstände lediglich zum Zwecke der Aufbewahrung übergeben worden, sind sie stets beschlagnahmefähig. Buchführungsunterlagen, Belege und Aufzeichnungen des Beschuldigten sind beschlagnahmefähig (keine einheitliche Rechtsprechung).
2Soweit die Gegenstände nicht beschlagnahmefähig sind, ist auch die Anordnung oder Durchführung einer Durchsuchung unzulässig (vgl. auch Nummer 149 Abs. 3 und 4).
3Das Beschlagnahmeverbot entfällt, wenn der Gewahrsamsinhaber nicht mehr zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigt ist, weil er von der Verpflichtung zur Verschwiegenheit entbunden wurde (vgl. §§ 53 Abs. 2, 53a Abs. 2 StPO).
4Das Beschlagnahmeverbot gilt nicht (§ 97 Abs. 2 Satz 3 StPO), wenn
5Soweit Gegenstände zum Zwecke der Besteuerung vorzulegen sind, können die in Abs. 1 genannten Personen auch bei einem gleichzeitig durchgeführten Strafverfahren die Vorlage von Urkunden, Wertsachen, Geschäftsbüchern und sonstigen Aufzeichnungen, die sie für den Beteiligten aufbewahren, nicht verweigern (§ 104 Abs. 2 Satz 1 AO; § 97 StPO gilt für das Besteuerungsverfahren nicht). Dabei steht die Führung von Geschäftsbüchern und sonstigen Aufzeichnungen der Aufbewahrung gleich (§ 104 Abs. 2 Satz 2 AO). Die Vorlage kann nach § 328 AO erzwungen werden. Für Zwecke des Strafverfahrens darf eine Vorlage aufgrund der für das Besteuerungsverfahren geltenden Vorschriften nicht verlangt werden.
Im Strafverfahren gegen Patienten eines Arztes unterliegt die Patientenkartei des Arztes dem Beschlagnahmeverbot nach § 97 Abs. 1 StPO. Wird der Arzt selbst einer Straftat beschuldigt oder ist er der Teilnahme an einer Straftat des beschuldigten Patienten verdächtig, so gilt das Beschlagnahmeverbot nicht, wenn es zur Aufklärung der Straftat des Einblicks in die Patientenkartei bedarf und die Abwägung zwischen den Interessen der Allgemeinheit an der Aufklärung von Straftaten und dem grundrechtlich geschützten Anspruch des Bürgers auf Schutz seiner Privatsphäre diesen Eingriff als nicht unverhältnismäßig erscheinen lässt (BGH-Urteil vom 3. Dezember 1991 - 1 StR 120/90 -, NJW 1992, 763; BVerfG-Beschluss vom 14. September 1989, Az: 2 BvR 1062/87; BVerfGE 80, 367).
1Durchsuchungen und Beschlagnahmen dürfen grundsätzlich nur durch das Gericht angeordnet werden (§§ 98 Abs. 1, 105 Abs. 1 StPO).
2Der Antrag auf Erlass eines Durchsuchungsbeschlusses bzw. auf Anordnung der Beschlagnahme ist vor Erhebung der öffentlichen Anklage bei dem Amtsgericht zu stellen, in dessen Bezirk die beantragende Stelle ihren Sitz hat (§ 162 Abs. 1 Satz 1 StPO; vgl. Nummer 17 Abs. 3 und 4).
3Der Antrag ist zu begründen. Die Begründung muss tatsächliche Angaben über den Inhalt des Tatvorwurfs enthalten. Dazu muss der Beschluss den Tatvorwurf so beschreiben, dass der äußere Rahmen abgesteckt wird, innerhalb dessen die Zwangsmaßnahme durchzuführen ist. Die aufzuklärende Straftat ist so genau zu umschreiben, wie es nach den Umständen des Einzelfalls und dem jeweiligen Ergebnis der Ermittlungen möglich und den Zwecken der Strafverfolgung nicht abträglich ist (z.B. BVerfG-Beschluss vom 6. März 2002, NStZ 2002, 372-373). Eine Durchsuchung ist nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz erst dann zulässig, wenn weniger einschneidende Mittel, wie z.B. Auskunftsersuchen, nicht zur Verfügung stehen oder Angaben des Tatverdächtigen sich als falsch oder nicht nachprüfbar erweisen (BVerfG-Beschluss vom 3. Juli 2006, wistra 2006, 377). Die Art oder der denkbare Inhalt der Beweismittel, denen die Durchsuchung gilt, sind anzugeben. Soweit eine genaue Bezeichnung des gesuchten Beweismaterials nicht möglich ist, sind die erwarteten Beweismittel annäherungsweise - ggf. in Form beispielhafter Angaben - zu beschreiben (BGH-Urteil vom 3. Dezember 1991 - 1 StR 120/90 -, NJW 1992, 763). In dem Antrag ist außerdem die Stelle anzugeben, deren Beamte mit der Durchsuchung beauftragt werden sollen. Dies ist in der Regel die Steuerfahndungsstelle.
4In dem Antrag auf Beschlagnahmeanordnung sind die Gegenstände, die beschlagnahmt werden sollen, so konkret anzugeben, dass Zweifel nicht entstehen. Lässt sich erst aufgrund der Durchsuchung bestimmen, welche Gegenstände zu beschlagnahmen sind und ist aus diesem Grunde eine Beschlagnahme nicht angeordnet worden, kann ggf. eine Beschlagnahme wegen Gefahr im Verzug in Betracht kommen. Daneben ist es möglich, die Gegenstände zur zeitnahen Durchsicht mit an Amtsstelle zu nehmen. Nach Beendigung der Durchsuchung sind die beweiserheblichen Gegenstände zu beschlagnahmen, sofern sie nicht freiwillig herausgegeben wurden (vgl. BGH-Beschluss vom 5. August 2003, wistra 2003, 432 – 433).
5Nur bei Gefahr im Verzug können auch das Finanzamt - BuStra - (§ 399 AO) oder der Steuerfahndungsbeamte (§ 404 AO, § 152 GVG) eine Durchsuchung beim Verdächtigen (§ 102 StPO), bei Dritten (§ 103 StPO) und die Beschlagnahme anordnen (§§ 98 Abs. 1, 105 Abs. 1 StPO). § 399 Abs. 2 AO (vgl. Nummer 21 Satz 2) bleibt unberührt. Keiner Durchsuchungsanordnung bedarf es, wenn die Einsicht gestattet wird (vgl. Nummer 65).
6Gefahr im Verzug besteht, wenn eine gerichtliche Anordnung nicht eingeholt werden kann, ohne dass der Zweck der Maßnahme gefährdet würde. Ob dies der Fall ist, entscheidet der zuständige Amtsträger nach seiner Überzeugung. Die Frage, ob eine Durchsuchung wegen Gefahr im Verzug angeordnet werden darf, ist besonders sorgfältig zu prüfen. Eine Durchsuchung stellt einen schwerwiegenden Eingriff dar. Von der Einholung einer gerichtlichen Anordnung darf deshalb nur ausnahmsweise abgesehen werden. Nach dem Beschluss des BVerfG vom 20. Februar 2001 (2 BvR 1444/00 - wistra 2001, 137) ist der Begriff Gefahr im Verzug eng auszulegen. Die gerichtliche Anordnung einer Durchsuchung ist die Regel, die nichtgerichtliche die Ausnahme. Mit der tatsächlichen Befassung eines Ermittlungs- oder Eilrichters durch Antrag auf Erlass einer Beschlagnahme- bzw. Durchsuchungsanordnung endet stets die Eilkompetenz der Ermittlungsbehörden wegen „Gefahr in Verzug“ und kann danach nur in Ausnahmefällen neu begründet werden (vgl. BVerfG-Beschluss vom 16. Juni 2015 - 2 BvR 2718/10, wistra 2015, 467).
7Gefahr im Verzug muss mit Tatsachen begründet werden, die auf den Einzelfall bezogen sind. Reine Spekulationen, hypothetische Erwägungen oder lediglich auf kriminalistische Alltagserfahrungen gestützte, fallunabhängige Vermutungen reichen nicht aus. Eine wirksame gerichtliche Nachprüfung der Annahme von Gefahr in Verzug setzt voraus, dass sowohl das Ergebnis als auch die Grundlage der Entscheidung in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Durchführungsmaßnahme in den Ermittlungsakten dargelegt werden (vgl. BVerfG – Beschluss vom 11. Juni 2010 – 2 BvR 1046/08). Insbesondere muss erkennbar sein, aufgrund welcher Tatsachen eine Befassung eines Richters nicht möglich war und ein Beweismittelverlust drohte. Dies erfordert regelmäßig auch die Darlegung der durchgeführten Kontaktversuche mit dem zuständigen Ermittlungs- oder Eilrichter und dessen Vertreter (vgl. BVerfG-Beschluss vom 16. Juni 2015 – 2 BvR 2718/10). Die vorgenannten Maßnahmen sind im Protokoll über die Durchsuchung oder Beschlagnahme festzuhalten.
8Ist ein Gegenstand ohne gerichtliche Anordnung beschlagnahmt worden, soll innerhalb von drei Tagen die gerichtliche Bestätigung beantragt werden, wenn bei der Beschlagnahme weder der davon Betroffene noch ein erwachsener Angehöriger anwesend waren oder wenn der Betroffene und im Falle seiner Abwesenheit ein erwachsener Angehöriger des Betroffenen gegen die Beschlagnahme ausdrücklichen Widerspruch erhoben haben (§ 98 Abs. 2 Satz 1 StPO). Die Frist beginnt mit dem Ablauf des Tages der Beschlagnahme (§ 42 StPO). Solange die öffentliche Klage noch nicht erhoben ist, entscheidet das nach § 162 Abs. 1 StPO zuständige Gericht. Ist die öffentliche Klage erhoben, entscheidet das damit befasste Gericht (§ 98 Abs. 2 Sätze 3 und 4 StPO). Dem Vorgang ist ein Verzeichnis der beschlagnahmten Gegenstände, die als Beweismittel für die Untersuchung von Bedeutung sind, und erforderlichenfalls auch eine Stellungnahme beizufügen. Wird die Bestätigung nicht erteilt, sind die beschlagnahmten Gegenstände sofort gegen Quittung freizugeben.
9Der Betroffene ist darüber zu belehren, dass er jederzeit gerichtliche Entscheidung beantragen kann (§ 98 Abs. 2 Satz 5 StPO) und den Antrag im Falle des Abs. 8 Sätze 3 und 4 auch bei dem Amtsgericht einreichen kann, in dessen Bezirk die Beschlagnahme stattgefunden hat. Beantragt der Betroffene gerichtliche Entscheidung, kann von dem Antrag auf Bestätigung einer Beschlagnahme abgesehen werden.
10Die gerichtliche Anordnung berechtigt nur zu einer einmaligen, einheitlichen Durchsuchung. Der Durchsuchungsbeschluss verbraucht sich mit der Änderung der tatsächlichen Verhältnisse oder durch Zeitablauf. Nach dem Beschluss des BVerfG vom 27. Mai 1997 2 BvR 1992/92 - BVerfGE 96, 44, 52 ff. (wistra 1997, 223) hat ein Durchsuchungsbeschluss nach § 105 StPO seine rechtfertigende Kraft spätestens nach Ablauf eines halben Jahres verloren.
11Die BuStra ist berechtigt, die Herausgabe von Beweismitteln nach § 95 StPO unter Androhung von Ordnungs- und Zwangsmitteln zu verlangen (LG Gera Beschluss vom 30. September 1999 - 2 Qs 412/99 -, NStZ 2001, 276; LG Lübeck vom 3. Februar 2000 6 Qs 3/00 -, NJW 2000, 3148; LG Koblenz vom 31. Oktober 2001 - 4 Qs 167/01 - wistra 2002, 359) Die Anwendung von Ordnungs- und Zwangsmitteln (§ 95 Abs. 2 StPO) bleibt dem Richter vorbehalten.
1Zur Anordnung der Postbeschlagnahme (§ 99 StPO) ist nur das Gericht, bei Gefahr im Verzug (vgl. Nummer 60 Abs. 6) auch die BuStra (§ 399 Abs. 1 AO i.V.m. § 100 StPO) befugt.
2Ist die Beschlagnahme von der BuStra angeordnet worden, so ist binnen dreier Tage die Bestätigung des Gerichts einzuholen (§ 100 Abs. 2 StPO).
3Die Öffnung der ausgelieferten Postsendungen steht dem Gericht zu, solange die Öffnungsbefugnis nicht auf die BuStra übertragen worden ist (§ 100 Abs. 3 StPO).
4Zur Postbeschlagnahme vgl. auch Nummern 77 ff. RiStBV.
5Die Beschlagnahme von E-Mails auf dem Mailserver des Providers richtet sich dagegen nach § 94 StPO (vgl. BVerfG - 2 BvR 902/06 - vom 16. Juni 2009).
1Hausdurchsuchungen haben grundsätzlich bei Tage zu beginnen.
2Eine Hausdurchsuchung liegt vor, wenn eine Wohnung, Geschäftsräume oder ein befriedetes Besitztum, z.B. ein umzäunter Garten, durchsucht werden.
3Ein Beginn der Hausdurchsuchung zur Nachtzeit ist nur unter den in § 104 Abs. 1 StPO genannten Voraussetzungen, z.B. bei Gefahr im Verzug, zulässig. Dies gilt nicht, wenn der Inhaber mit dem Beginn der Durchsuchung zur Nachtzeit einverstanden ist. Die Nachtzeit beginnt um 21.00 Uhr und endet um 6.00 Uhr (BverfG-Beschluss vom 12. März 2019 – 2 BvR 675/14). Eine vor 21.00 Uhr begonnene, jedoch bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht beendete Durchsuchung darf fortgesetzt werden.
4Die Beschränkung des § 104 Abs. 1 StPO gilt nicht für die in § 104 Abs. 2 StPO genannten Räumlichkeiten, z.B. Barbetriebe.
5Personen und die ihnen gehörenden Sachen können auch bei Nacht durchsucht werden, wenn damit keine Hausdurchsuchung verbunden ist.
1Liegt ein gerichtlicher Beschluss vor, so ist dieser dem anwesenden, von der Durchsuchung Betroffenen vor Beginn der Durchsuchung vorzuzeigen und grundsätzlich auszuhändigen. Ist er nicht anwesend, so ist einem anwesenden Angehörigen, Angestellten, Nachbarn oder sonstigen Dritten regelmäßig nur die Anordnung, nicht aber die Begründung bekannt zu geben.
2Wenn eine Hausdurchsuchung ohne Beisein des Richters oder der Staatsanwaltschaft stattfindet, so sind, wenn möglich, ein Gemeindebeamter oder zwei Mitglieder der Gemeinde, in deren Bezirk die Durchsuchung erfolgt, zuzuziehen. Gemeindebeamter ist jeder Amtsträger einer Gemeinde. Die als Gemeindemitglieder zugezogenen Personen dürfen nicht Polizeibeamte oder Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft sein.
3Wünscht der Inhaber der zu durchsuchenden Räumlichkeiten ausdrücklich nicht die Zuziehung von Zeugen, so kann dem entsprochen werden; dies ist zu protokollieren.
4Der Inhaber der zu durchsuchenden Räume oder Gegenstände darf bei der Durchsuchung zugegen sein. Ist er abwesend, so ist, wenn möglich, sein Vertreter oder ein erwachsener Angehöriger, Hausgenosse oder Nachbar zuzuziehen (§ 106 Abs. 1 StPO). Auf den Inhaber und auf seinen Verteidiger (vgl. Nummer 34) braucht nicht gewartet zu werden. Inhaber ist derjenige, in dessen Gewahrsam sich die Räume oder Gegenstände befinden.
5Leistet der Betroffene Widerstand oder ist solcher zu befürchten, so ist die örtliche Polizeidienststelle um Amts- bzw. Vollzugshilfe zu ersuchen.
6Stört jemand die Durchsuchung vorsätzlich oder widersetzt er sich den getroffenen Anordnungen, so kann der Beamte, der die Durchsuchung leitet, den Störer festnehmen (§ 164 StPO), wenn die Störung oder Widersetzlichkeit nicht auf weniger einschneidende Weise beseitigt werden kann (vgl. Nummer 3).
7Personen, die sich zur Zeit des Beginns der Durchsuchung in den betreffenden Räumen befinden, können am Verlassen der Räume gehindert werden, wenn anzunehmen ist, dass sonst der Durchsuchungszweck gefährdet wird, wie z.B. dadurch, dass Beweismittel beiseite geschafft oder, z.B. bei mehreren gleichzeitig oder hintereinander vorzunehmenden Durchsuchungen, die Beteiligten vorzeitig benachrichtigt werden könnten. Anderen Personen als dem Inhaber und zugezogenen Zeugen ist während der Amtshandlung der Zutritt zu den von der Durchsuchung betroffenen Räumen möglichst zu untersagen.
8Fernsprecher, insbesondere Fernsprechzentralen, sind zu beaufsichtigen. Dem Betroffenen und in den durchsuchten Räumen anwesenden Dritten können Telefongespräche während der Durchsuchungshandlung untersagt werden, wenn durch sie der Zweck der Durchsuchung gefährdet würde. Gespräche mit dem Verteidiger oder Steuerberater sind stets zulässig. Bei Zuwiderhandlungen gilt Abs. 6.
9Auf Verlangen des Betroffenen, seines gesetzlichen Vertreters oder Verteidigers ist nach Beendigung der Durchsuchung dem Betroffenen eine schriftliche Mitteilung zu machen, die den Grund der Durchsuchung sowie im Falle des § 102 StPO (Durchsuchung beim Verdächtigen, s. Nummer 56 Abs. 1 Nummer 1) die strafbare Handlung bezeichnen muss (§ 107 StPO).
10Der Ablauf der Durchsuchung ist unter Angabe der Zeitpunkte des Beginns und des Endes schriftlich festzuhalten.
Die körperliche Durchsuchung dient insbesondere dem Auffinden von Beweismitteln, die sich in Kleidungsstücken (auch Brieftaschen) befinden oder in die Kleidung eingenäht sind (z.B. Schriftstücke und Schlüssel zu Schließfächern). Bei der körperlichen Durchsuchung einer Frau sind die Grundsätze des § 81d StPO zu beachten.
Ohne eine gerichtliche Durchsuchungsanordnung darf Einsicht in Räume und Behältnisse genommen werden, wenn sich der Betroffene ausdrücklich damit einverstanden erklärt hat. Das Einverständnis muss vor der Einsichtnahme aus freiem Willen und in Kenntnis der Freiwilligkeit erklärt worden sein. Sind unbeteiligte Dritte als Zeugen für die Erklärung des Einverständnisses nicht anwesend, ist es zweckmäßig, die Einverständniserklärung vom Betroffenen schriftlich bestätigen zu lassen.
In einem Verfahren gegen einen geschäftsführenden Gesellschafter einer Kapital- oder Personengesellschaft ist zur Durchsuchung der Geschäftsräume ein Beschluss nach § 102 StPO (Durchsuchung beim Verdächtigen) zu erwirken. Ist damit zu rechnen, dass einzelne Geschäftsräume von unverdächtigen Personen allein genutzt werden und liegen Tatsachen dafür vor, dass sich die zu suchenden Beweismittel in diesen befinden, kann es sich empfehlen, zusätzlich einen Beschluss nach § 103 StPO zu erwirken. Es ist jedoch darauf zu achten, dass die Durchsuchung der Geschäftsräume der Gesellschaft ausdrücklich beantragt und angeordnet wird.
1Räumlichkeiten, die der Verdächtige tatsächlich innehat, dürfen durchsucht werden, gleichgültig, ob er sie befugt oder unbefugt nutzt, ob er Allein- oder Mitinhaber ist. Lebt ein Verdächtiger in einem eheähnlichen Verhältnis und gehört die von ihm und seinem Partner benutzte Wohnung dem Partner, so ist die ganze Wohnung auch eine Wohnung des Verdächtigen. Entsprechendes gilt, wenn der Verdächtige in einer Wohngemeinschaft lebt.
2Ein Untermietvertrag ist bei einer Hausdurchsuchung ohne Bedeutung, wenn der Untermieter tatsächlich im Haushalt des Wohnungsinhabers lebt.
Zu den Sachen des Verdächtigen gehören alle Gegenstände, die er mit sich führt, unabhängig davon, ob sie in seinem Eigentum stehen. Alle Sachen, die in Besitz, Gewahrsam oder Mitgewahrsam des Verdächtigen stehen und sich in seinem Einflussbereich befinden, können durchsucht werden. Nur für Sachen, die eindeutig einem Nichtverdächtigen zuzuordnen sind, gilt § 103 StPO.
1Eine Durchsicht der Papiere des von der Durchsuchung Betroffenen stehen der BuStra (§ 399 Abs. 1 AO, § 110 Abs. 1 StPO) und der Steufa (§ 404 Satz 2 erster Halbsatz AO) sowie auf Anordnung der Staatsanwaltschaft ihren Ermittlungspersonen (§ 110 StPO i.V.m. § 152 GVG) zu. Zu den Papieren gehört das gesamte private und geschäftliche Schriftgut, z.B. Briefe, Aufzeichnungen, Werkzeichnungen, Bilanzen, Geschäftsbücher, Belege; auf Grund Analogie sind auch elektronische Speichermedien, z.B. USB-Sticks, Smartphones und Festplatten hierzu zu rechnen. Beschlagnahmefähig sind die auf diesen Speichermedien vorhandenen beweisrelevanten Daten. Wenn eine Bewertung vor Ort nicht möglich ist, kann die Hardware zum Zwecke der Durchsicht und Auswertung vorübergehend sichergestellt werden. Die Durchsuchung dauert insoweit an. Die Durchsicht eines elektronischen Speichermediums bei dem von der Durchsuchung Betroffenen darf auch auf hiervon räumlich getrennte Speichermedien, soweit auf sie von dem Speichermedium aus zurückgegriffen werden kann, erstreckt werden, wenn andernfalls der Verlust der gesuchten Daten zu besorgen ist. Daten, die für die Untersuchung von Bedeutung sein können, dürfen gesichert werden (§ 110 Abs. 3 StPO). Verschlossene Briefe dürfen geöffnet und gelesen werden, soweit dies für den Untersuchungszweck erforderlich erscheint.
2Dem von der Durchsuchung Betroffenen ist nach deren Beendigung auf Verlangen ein Verzeichnis der in Verwahrung oder in Beschlag genommenen Gegenstände, falls aber nichts Verdächtiges gefunden wird, eine Bescheinigung hierüber zu geben (§ 107 StPO). Insbesondere dann, wenn eine Vielzahl von Einzelbelegen im Verzeichnis aufzuführen wäre, können Sammelbezeichnungen verwandt werden, wie z.B. „ein Karton Schriftverkehr mit den Lieferanten Januar bis Juni 2006" oder „Ordner mit Ausgangsrechnungen vom 1. Januar 2006 bis 30. September 2006".
3Die Beschlagnahme ist aufzuheben, wenn ihr Grund weggefallen ist. Die Gegenstände sind dem Empfangsberechtigten gegen Empfangsbestätigung an dem Ort zurückzugeben, an dem sie aufzubewahren waren, vgl. BGH-Urteil vom 3. Februar 2005 – III ZR 271/04 (Hinweis auf Nummer 75 RiStBV). Wurden Daten auf Datenträgern der Finanzbehörde sichergestellt, ist über die Löschung dieser Daten ein Vermerk zur Strafakte zu nehmen.
1Im Steuerstrafverfahren stehen den Finanzbehörden zur Sicherung des Steueranspruchs zwei gleichrangige Wege offen (§ 111e Abs. 6 StPO). Die Abgabenordnung eröffnet den Weg über den dinglichen Arrest gemäß § 324 AO, und die Strafprozessordnung sieht die richterliche Anordnung des Vermögensarrestes zugunsten des durch die Steuerstraftat Verletzten nach §§ 73 Abs. 1, 73b, 73c, 73d StGB i.V.m. §§ 111e Abs. 1 und Abs. 4, 111j Abs. 1 StPO vor. Die Möglichkeit der Anordnung eines dinglichen Arrestes nach § 324 AO steht auch (weiterhin) der Anordnung eines Vermögensarrestes nach § 111e Abs. 1 StPO nicht entgegen (HansOLG-Beschluss vom 26. Oktober 2018 – 2 Ws 183/18). Mit beiden Verfahren wird eine zeitnahe und eine dem jeweiligen Stand des Verfahrens angepasste Sicherung der Ansprüche des Steuerfiskus aus der Steuerhinterziehung ermöglicht. Voraussetzung für diese Maßnahmen ist das Vorliegen eines Arrestanspruchs. Die Steueransprüche sind nach Steuerart und Besteuerungszeitraum zu bezeichnen. Angaben zur Höhe sind möglichst genau zu machen und zu begründen. Zusätzlich bedarf es bei Maßnahmen zur Sicherung gem. § 324 AO eines Arrestgrundes. Bei Arresten nach der StPO bedarf es eines Sicherungsbedürfnisses. Dies ist gegeben, wenn es zur Sicherung der Vollstreckung der Einziehung erforderlich ist, insbesondere weil der Betroffene seine Vermögensverhältnisse verschleiert oder Vermögenswerte versteckt. Damit wird die bisherige Rechtsprechung zum „Arrestgrund“ durch die Neuregelungen in § 111e StPO nicht berührt. Zur strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vgl. auch Praxisleitfaden zur Vermögensabschöpfung im Steuerstrafverfahren (ab 01. Juli 2017) – BMF – Schreiben vom 26. März 2019 – IV A 4 – S 0700/07/10026-01.
2Nach § 302 Nummer 1 InsO sind u. a. Verbindlichkeiten eines Schuldners aus einem Steuerschuldverhältnis, sofern der Schuldner im Zusammenhang damit wegen einer Steuerstraftat nach § 370 AO rechtskräftig verurteilt worden ist, von der Restschuldbefreiung ausgenommen. Solche Forderungen sind nach § 174 Abs. 2 InsO zur Insolvenztabelle anzumelden, wobei zum Anmeldezeitpunkt eine rechtskräftige Verurteilung noch nicht vorliegen muss. Dabei ist Folgendes zu beachten:
1Der Erlass eines abgabenrechtlichen dinglichen Arrestes (§ 324 AO) ist beim Festsetzungsfinanzamt zu erwirken. Zuständig für den Erlass der Arrestanordnung ist der Vorsteher.
2Zur Ermittlung der Höhe des Arrestanspruchs können die Besteuerungsgrundlagen geschätzt werden (§ 162 AO).
3Die Vollziehung der Arrestanordnung obliegt den mit der Vollstreckung nach §§ 249 bis 323 AO betrauten Stellen. Sie ist unzulässig, wenn seit dem Tag, an dem die Anordnung unterzeichnet worden ist, ein Monat verstrichen ist.
1Ist die Annahme begründet, dass die Voraussetzungen der Einziehung von Wertersatz vorliegen, so kann zur Sicherung der Vollstreckung der Vermögensarrest in das bewegliche und unbewegliche Vermögen des Betroffenen bei einfachem Tatverdacht angeordnet werden (§ 111e Abs. 1 Satz 1 StPO). Liegen dringende Gründe (dringender Tatverdacht) für diese Annahme vor, so soll der Vermögensarrest angeordnet werden (§ 111e Abs. 1 Satz 2 StPO). Ein Absehen von der Abschöpfungsmaßnahme des Vermögensarrestes kommt nach § 421 StPO in Betracht, wenn
Die Beschränkung ist aktenkundig zu machen.
2Der Vermögensarrest nach § 111e Abs. 1 StPO wird gemäß § 111j Abs. 1 StPO durch das Gericht und bei Gefahr im Verzug durch die Staatsanwaltschaft bzw. die BuStra angeordnet. Die Umstände, die die Annahme von Gefahr im Verzug begründen, sind aktenkundig zu machen. Im Falle einer Arrestanordnung der Staatsanwaltschaft oder BuStra ist innerhalb einer Woche die gerichtliche Bestätigung zu beantragen (§ 111j Abs. 2 Satz 1 StPO).
3Die Dauer der Arrestanordnung ist gesetzlich nicht befristet. Sie muss verhältnismäßig sein und im weiteren Verfahren auch verhältnismäßig bleiben (vgl. Nummer 3).
4Zur Ermittlung der Höhe des Arrestanspruchs können die hinterzogenen Steuern geschätzt werden (§ 73d Abs. 2 StGB).
5Der Vermögensarrest wird insbesondere durch die nachstehend aufgeführten Maßnahmen vollzogen:
6Die Verwaltung / Verwahrung beweglicher Gegenstände obliegt der Staatsanwaltschaft bzw. BuStra (vgl. § 111m Abs. 1 Satz 1 StPO). Sie kann ihre Ermittlungspersonen oder den Gerichtsvollzieher mit der Verwaltung beauftragen (vgl. § 111m Abs. 1 Satz 2 StPO). Ein nach § 111f StPO gepfändeter Gegenstand kann veräußert werden, wenn ein erheblicher Wertverlust droht oder seine Aufbewahrung mit erheblichen Kosten verbunden ist (Notveräußerung, vgl. § 111p Abs. 1 StPO). Anordnung und Durchführung der Notveräußerung obliegt der Staatsanwaltschaft bzw. BuStra (vgl. § 111p Abs. 2 und Abs. 4 StPO). Die von der Pfändung Betroffenen sollen vor der Anordnung gehört werden (vgl. § 111p Abs. 3 StPO).
7Gemäß §§ 111e Abs. 4 Satz 2, 111g Abs. 1 StPO i.V.m. § 923 ZPO kann die Vollziehung des Vermögensarrestes gehemmt und die Aufhebung eines vollzogenen Arrestes beantragt werden, wenn der im Arrestanordnungsbeschluss festgesetzte Geldbetrag (Lösungssumme) hinterlegt wird.
8Die nach Anordnung des Arrestes ausgebrachten Sicherungsmaßnahmen sind dem Festsetzungsfinanzamt als Verletzten durch die Staatsanwaltschaft bzw. BuStra mitzuteilen (vgl. § 111l Abs. 1 StPO).
9Gegen Maßnahmen, die im Rahmen des Arrestes durchgeführt werden, kann der Betroffene jederzeit die Entscheidung des Gerichts beantragen (§§ 111j Abs. 2 Satz 3, 111k Abs. 3 StPO). Beschlüsse, die auf eine Beschwerde hin erlassen worden sind und einen Vermögensarrest nach § 111e StPO über einen Betrag von mehr als 20.000 € betreffen, können gemäß § 310 Abs. 1 Nummer 3 StPO durch weitere Beschwerde angefochten werden.
10Gemäß § 111h Abs. 2 S. 1 StPO sind Zwangsvollstreckungsmaßnahmen in Gegenstände, die im Wege der Arrestvollziehung gepfändet worden sind, während der Dauer der Arrestvollziehung nicht zulässig. Abweichend von diesem Nachpfändungsverbot kann das Finanzamt nach § 111h Abs. 2 S. 2 StPO in Vollziehung eines dinglichen Arrests nach § 324 AO auch in Gegenstände vollstrecken, die zuvor in Vollziehung eines Vermögensarrestes gepfändet worden sind, soweit der Steueranspruch aus der Straftat erwachsen ist (Privilegierung des Fiskus). Dies gilt auch für die Vollstreckung eines Steuerbescheids, denn wenn bereits die Vollstreckung aufgrund eines vorläufigen Titels (Arrestanordnung nach § 324 AO) möglich ist, muss die Vollstreckung erst recht auf Grundlage eines vollstreckbaren Steuerbescheids zulässig sein.
11Zu Sonderfällen der Einziehung vgl. § 73a StGB (erweiterte Einziehung) und § 76a StGB (selbständige Einziehung).
1Ist ein einer Straftat im Sinne der Nummern 13 und 14 dringend verdächtigter Beschuldigter flüchtig (§ 112 Abs. 2 Nummer 1 StPO) oder besteht Flucht- oder Verdunklungsgefahr (§ 112 Abs. 2 Nummern 2 und 3 StPO) und steht die Anordnung der Haft zur Bedeutung der Sache in einem angemessenen Verhältnis, wird das Verfahren an die Staatsanwaltschaft abzugeben sein (vgl. Nummer 22). Unverhältnismäßigkeit ist auch gegeben, wenn die vollständige Aufklärung der Tat und die rasche Durchführung des Verfahrens auf weniger einschneidende Weise gesichert werden können.
2Besteht Gefahr im Verzug, können Steuerfahndungsbeamte und Beamte der BuStra unter den Voraussetzungen des Abs. 1 die vorläufige Festnahme anordnen und durchführen (§ 127 Abs. 2 StPO).
3Gefahr im Verzug besteht, wenn die gerichtliche Anordnung nicht rechtzeitig eingeholt werden kann und dadurch die Ergreifung des Beschuldigten gefährdet würde oder die Gefahr fortbesteht, dass der Beschuldigte bis zum Vollzug der gerichtlichen Anordnung noch fliehen oder die Ermittlung der Wahrheit erschweren wird (vgl. Nummer 60 Abs. 6 Sätze 2 und 3 gelten entsprechend). Hatte der Richter den Erlass eines Haftbefehls vorher abgelehnt, müssen neue erhebliche Verdachtsmomente oder Haftgründe bekannt geworden sein.
4Verdunklungsabsicht ist kein Haftgrund, wenn die Beweise so gesichert sind, dass der Beschuldigte die Ermittlung der Wahrheit nicht mehr erschweren kann.
5Dringender Tatverdacht liegt vor, wenn nach dem Stand der Ermittlungen die Wahrscheinlichkeit groß ist, dass der Verfolgte Täter oder Teilnehmer ist.
6Der für vorläufig festgenommen erklärte Beschuldigte kann, soweit erforderlich und angemessen, auch unter Anwendung physischer Gewalt auf der Dienststelle festgehalten oder dorthin verbracht werden.
7Besteht noch die Möglichkeit, die Polizei hinzuzuziehen, sollte dies geschehen.
8Der Festgenommene ist unverzüglich gemäß § 114b i. V. m. § 127 Abs. 4 StPO über seine Rechte zu belehren. Die Belehrung hat grundsätzlich schriftlich zu erfolgen. Entsprechende Belehrungsformulare einschließlich Übersetzungen in zahlreiche Sprachen finden sich auf der Homepage des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz ( Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz ) unter Service/ Belehrungsformulare. Ist eine schriftliche Belehrung nicht möglich oder erkennbar nicht ausreichend, ist (ergänzend) mündlich mit dem Inhalt des § 114b Abs. 2 StPO zu belehren. Der Festgenommene soll den Erhalt der Belehrung schriftlich bestätigen; weigert er sich, ist dies zu dokumentieren. Dem Festgenommenen ist unverzüglich Gelegenheit zu geben, einen Angehörigen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen, sofern der Zweck der Untersuchung dadurch nicht gefährdet wird (§ 114c Abs. 1 StPO i. V. m. § 127 Abs. 4 StPO). Der Festgenommene soll alsbald vernommen werden. Er ist unverzüglich, spätestens am Tag nach der Festnahme, dem Richter vorzuführen (§ 128 Abs. 1 StPO). Zuständig ist der Richter bei dem Amtsgericht, in dessen Bezirk die Festnahme erfolgt ist. Das kann auch ein Amtsgericht sein, dessen örtlicher Zuständigkeitsbereich in Haftsachen gemäß § 58 GVG erweitert worden ist. Die den Fall betreffenden Vorgänge sind bei der Vorführung dem Richter vorzulegen. Kann die Vorführung nicht sofort erfolgen, ist der Festgenommene in den Gewahrsam des zuständigen Amtsgerichts oder in Polizeigewahrsam zu übergeben; auch in diesem Fall muss sichergestellt sein, dass die Vorführung vor den Richter spätestens am Tag nach der Festnahme erfolgt. Stellt sich vor der Vorführung heraus, dass die Voraussetzungen für den Erlass eines Haftbefehls nicht oder nicht mehr gegeben sind, ist der Festgenommene unverzüglich freizulassen.
9Über die vorläufige Festnahme ist ein Vermerk zu fertigen und zu den Akten zu nehmen. Der Vermerk muss die Voraussetzungen für die vorläufige Festnahme, den genauen Zeitpunkt der Festnahme im Einzelnen sowie die Durchführung der Belehrung einschließlich einer etwaigen Verweigerung der Bestätigung der Erteilung der Belehrung ausweisen.
1Die Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation auch ohne Wissen der Betroffenen ist zulässig, wenn
begangen, versucht oder durch eine Straftat vorbereitet hat und
Zulässig ist auch eine Überwachung informationstechnischer Systeme (Quellen-TKÜ) zur Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation (§ 100a Abs. 1 Sätze 1 und 3 StPO i. V. m. § 100e StPO).
2Telekommunikationsüberwachungen dürfen nur auf Antrag der Staatsanwaltschaft durch das Gericht angeordnet werden. Bei Gefahr im Verzug kann die Anordnung auch durch die Staatsanwaltschaft getroffen werden (§ 100e Abs. 1 StPO).
3Die Entschädigung der Telekommunikationsunternehmen erfolgt ausschließlich nach Anlage 3 zu § 23 JVEG.
1Grundlage für die Strafzumessung ist die Schuld des Täters. Die Wirkungen der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft sind zu berücksichtigen (§ 46 Abs. 1 StGB). Die für und gegen den Täter sprechenden Umstände sind gegeneinander abzuwägen (§ 46 Abs. 2 StGB). Die Strafe muss dem Unrechtsgehalt der Tat entsprechen und den Täter wegen des begangenen Unrechts fühlbar treffen.
2Bei Taten mit geringem Unrechtsgehalt geben § 398 AO und § 153 StPO die Möglichkeit, ganz von Verfolgung abzusehen (vgl. auch Nummer 82 und § 153 StPO).
3Das Finanzamt soll in solchen Strafsachen, die zur Behandlung im Strafbefehlsverfahren nicht geeignet sind (§ 400 zweiter Halbsatz AO), bei Abgabe der Sache an die Staatsanwaltschaft (§ 386 Abs. 4 AO) und bei der Anhörung durch das Gericht (§ 407 AO) zur Strafzumessung Stellung nehmen.
1Nach § 46 Abs. 1 StGB ist die Schuld des Täters die Grundlage für die Bemessung der Strafe. Das Maß der Schuld ergibt sich bei der Steuerhinterziehung insbesondere auch aus der Höhe der schuldhaft verkürzten Steuern. Der Verstoß gegen die dem Täter im Interesse der Besteuerung auferlegten besonderen Rechtspflichten wiegt in der Regel um so schwerer, je höher die hinterzogenen Steuern sind. Für die zutreffende Strafzumessung bei der Steuerhinterziehung ist deshalb zu berechnen, in welcher Höhe Steuern verkürzt sind und festzustellen, inwieweit die Verkürzung vom Vorsatz des Täters umfasst ist. Das Ergebnis dieser Prüfung ist im Abschlussvermerk (§ 169a StPO) festzuhalten.
2Nach dem BGH-Urteil vom 2. Dezember 2008 - 1 StR 416/08 hat die Höhe der schuldhaft verkürzten Steuern Bedeutung für die Annahme einer Steuerverkürzung oder einer nicht gerechtfertigten Steuervorteilserlangung in großem Ausmaß i. S. d. § 370 Abs. 3 Satz 2 Nummer 1 AO. Der Senat ist der Ansicht, dass das Merkmal „in großem Ausmaß“ wie beim Betrug nach objektiven Maßstäben zu bestimmen ist. Das Merkmal „in großem Ausmaß“ liegt in der Regel vor, wenn der Hinterziehungsbetrag 50.000 € übersteigt. Wegen der tatmehrheitlichen Verwirklichung des Tatbestandes der Steuerhinterziehung (vgl. BGH-Beschluss vom 22. Januar 2018 – 1 StR 535/17) ist das „Ausmaß“ des jeweiligen Taterfolges nicht zu addieren. Für den Taterfolg ist ohne Relevanz, ob der Täter dem Finanzamt Umsätze verschweigt, seine Buchhaltung entsprechend abstimmt und dadurch eine Steuerentlastung generiert oder ob er dieses Ziel durch Vortäuschen von Betriebsausgaben erreicht. Die Art seines manipulativen Verhaltens findet ihren Platz bei der Gesamtwürdigung im Rahmen der Prüfung, ob die „Indizwirkung“ des Regelbeispiels entkräftet wird oder umgekehrt bei Nichterreichen der Wertgrenze ein unbenannter besonders schwerer Fall anzunehmen ist. Bei Bejahung eines Regelbeispiels verbleibt die Möglichkeit innerhalb des Strafrahmens die konkrete Einzelstrafe wegen besonderer Strafzumessungsgründe (vgl. Nummer 77) niedriger oder höher anzusetzen (BGH-Urteil vom 27. Oktober 2015 – 1 StR 373/15). Jedenfalls bei einem sechsstelligen Hinterziehungsbetrag wird die Verhängung einer Geldstrafe nur bei Vorliegen von gewichtigen Milderungsgründen noch schuldangemessen sein. Bei Hinterziehungsbeträgen in Millionenhöhe kommt eine aussetzungsfähige Freiheitsstrafe nur bei Vorliegen besonders gewichtiger Milderungsgründe noch in Betracht. Dabei ist es ohne Bedeutung, ob die Millionengrenze durch eine einzelne Tat oder erst durch mehrere gleichgelagerte Einzeltaten erreicht worden ist (BGH-Urteil vom 22. Mai 2012 – 1 StR 103/12).
3Bei Verkürzung auf Zeit, die sich im Ergebnis als Hinausschieben der Fälligkeit ausgewirkt hat (wie etwa bei verspäteter, unrichtiger oder unterlassener Abgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldungen, bei der vorsätzlichen Herbeiführung zu niedriger Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuer-Vorauszahlungen und bei nicht oder zu niedrig abgeführter Kapitalertragsteuer) ist der Unrechtsgehalt wesentlich geringer. Obwohl auch in diesen Fällen der gesamte Betrag verkürzt ist, ist im Rahmen der Strafzumessung zugunsten des Täters zu berücksichtigen, dass sein Vorsatz nur auf eine Verkürzung „auf Zeit“ gerichtet war und er den Steuerschaden wieder gut gemacht oder dies zumindest ernsthaft und nachvollziehbar beabsichtigt hat (vgl. BGH-Urteil vom 17. März 2009 - 1 StR 627/08). Der Einwand, dass bei einer auf Dauer gewollten Verkürzung die Steuern nachgezahlt worden seien und daher kein Dauerschaden eingetreten sei, rechtfertigt nicht die Annahme einer Steuerverkürzung auf Zeit.
4Zur Strafzumessung bei nicht gerechtfertigten Steuervorteilen durch unrichtige Feststellungsbescheide (zu niedrige Feststellung von Gewinnen, unberechtigte Verlustvorträge und unberechtigt nicht verbrauchte Verlustvorträge) vgl. BGH-Beschlüsse vom 10. Dezember 2008 – 1 StR 322/08 und 22. November 2012 – 1 StR 537/12.
Strafschärfend oder strafmildernd sind insbesondere zu berücksichtigen (vgl. § 46 Abs. 2 Satz 2 StGB):
Handeln aus nicht selbst verschuldeter Zwangs- oder Notlage heraus oder zum fremden Vorteil.
Handeln aus Gewinnsucht, grobem Eigennutz oder Habgier; gewissenloses und rücksichtsloses Vorgehen; Hartnäckigkeit, mit der das Ziel verfolgt wird; Steuerverkürzung über einen längeren Zeitraum; vorausgegangene Einstellungen unter Auflagen und einschlägige Vorstrafen (vgl. aber § 51 BZRG); besonders verwerfliche Ausführung (z.B. Urkundenfälschung, falsche eidesstattliche Versicherung nach § 95 AO, Verleitung Dritter - insbesondere abhängiger Personen - zur Teilnahme, Buch- und Belegmanipulationen, Verletzung von Buchführungs- und Aufbewahrungspflichten hinsichtlich geschäftlicher Unterlagen – vgl. BGH-Urteil vom 28. Juli 2010 – 1 StR 643/09, Konten auf falschem oder erdichtetem Namen).
Verletzung von Pflichten, die vornehmlich andere wahrzunehmen hatten; Steuerhinterziehungen, die sich erst nach Anwendung des Kompensationsverbots ergeben; Eintritt eines bloßen Gefährdungsschadens (BGH-Urteil vom 27. Oktober 2015 – 1 StR 373/15).
Hinterziehung fremder Steuern und solcher, für die der Täter treuhänderisch verantwortlich ist (z. B. LSt, USt).
Aktive Mithilfe bei der Tataufklärung; „verunglückte" Selbstanzeige; geständige Einlassung; Wiedergutmachung (Zahlung der verkürzten Steuern).
Behinderung der Tataufklärung, z.B. Vernichten oder Beiseiteschaffen von Beweismitteln, Beeinflussung von Zeugen, bewusste Irreführung der Ermittlungsbehörden (dagegen nicht: Schweigen oder bloßes Leugnen); aktives Verhalten um den Steueranspruch zu vereiteln, z.B. Verbringen des Vermögens in das Ausland.
Krankheit, Alter, steuerliche Unerfahrenheit, geringer Bildungsgrad, soweit diese Umstände die Tat beeinflusst haben. Besondere wirtschaftliche oder sonstige (nichtsteuerliche) Nachteile, z.B. berufs- oder ehrengerichtliche Strafen.
Berufliche und soziale Stellung des Täters, die besondere steuerliche Pflichten begründet.
Strafmildernd
Überlange nicht rechtsstaatswidrige Verfahrensdauer, die nicht vom Beschuldigten zu vertreten ist (BGH-Beschluss vom 22. Januar 1992 - 3 StR 440/91 - wistra 1992, 180). Zu den Auswirkungen einer rechtsstaatswidrigen überlangen Verfahrensdauer vgl. Nummer 78.
1Ist der Abschluss eines Strafverfahrens rechtsstaatswidrig derart verzögert worden, dass dies bei der Durchsetzung des staatlichen Strafanspruchs unter näherer Bestimmung des Ausmaßes berücksichtigt werden muss, so ist anstelle der bisher gewährten Strafminderung (durch eine bezifferte Herabsetzung der ohne diese Verzögerung angemessenen Strafe - Strafabschlagsmodell) im Tenor die tat- und schuldangemessene Strafe nunmehr ohne Abzug für die dem Staat zuzurechnende Verfahrensverzögerung festzusetzen und gleichzeitig auszusprechen, dass ein bezifferter Teil hiervon zum Ausgleich für die Verfahrensverzögerung als bereits vollstreckt gilt (Vollstreckungsmodell). In Fällen, in denen eine Kompensation nur durch eine Unterschreitung der gesetzlichen Mindeststrafe möglich wäre, bietet das Vollstreckungsmodell eine Möglichkeit, in dem es die Kompensation von staatlichen Stellen verursachten Verfahrensverzögerungen in einem gesonderten Schritt nach der eigentlichen Strafzumessung vornimmt (BGH-Beschluss vom 17. Januar 2008 - GSSt 1/07, BGHSt 52, 124). Unabhängig davon ist das Vollstreckungsmodell auch in den Fällen anzuwenden, in denen kein gesetzliches Strafmindestmaß vorgesehen ist.
2Ein Beschuldigter kann nach §§ 198 bis 201 GVG bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, wenn diese unangemessen lange gedauert haben, für jedes Jahr der Verzögerung eine Entschädigung i.H.v. 1.200,- € beanspruchen. Voraussetzung hierfür ist eine Verzögerungsrüge (§ 198 Abs. 3 GVG), die im laufenden Verfahren – auch im Ermittlungsverfahren (§ 199 GVG) – zu erheben ist. Eine Entschädigung kann nicht beansprucht werden, wenn die Wiedergutmachung auf andere Weise erfolgt ist, z. B. wenn die unangemessene Dauer des Verfahrens bei der Strafzumessung zugunsten des Beschuldigten berücksichtigt worden ist (§ 199 Abs. 3 GVG).
1Die BuStra kann das selbständig durchgeführte Ermittlungsverfahren durch folgende Maßnahmen abschließen:
2Soll das Verfahren nicht eingestellt werden, ist der Beschuldigte spätestens vor dem Abschluss der Ermittlungen zu vernehmen. In einfachen Sachen genügt es, dass ihm Gelegenheit zur schriftlichen Äußerung gegeben wird (§ 163a Abs. 1 StPO). Der Abschluss der Ermittlungen ist in den Akten zu vermerken, sofern das Verfahren nicht eingestellt wird (§ 169a StPO); vgl. im Übrigen Nummer 90 letzter Satz, Nummer 87 Abs. 1 und Nummer 89 Abs. 2.
3Wegen des Absehens von der Strafverfolgung bei unwesentlichen Nebenstraftaten vgl. Nummer 39 Abs. 1. Wegen des Ausscheidens von Unwesentlichem vgl. Nummer 39 Abs. 4.
1Eine Einstellungsverfügung ist ausreichend zu begründen.
2Der Beschuldigte ist von der Einstellung des steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens zu unterrichten, wenn ihm zuvor die Einleitung eines solchen Verfahrens eröffnet worden war; vgl. auch § 170 Abs. 2 StPO. Hat sich herausgestellt, dass der Beschuldigte unschuldig ist oder dass gegen ihn kein begründeter Verdacht mehr besteht, so ist dies in der Mitteilung auszusprechen. Im Übrigen sind die Gründe für die Einstellung nur auf Antrag und dann auch nur insoweit bekannt zu geben, als kein schutzwürdiges Interesse entgegensteht.
3Dem Anzeigeerstatter darf über die Einstellung keine Mitteilung gemacht werden, weil § 171 StPO eine Offenbarung nicht zulässt (vgl. § 30 Abs. 4 Nummern 1 u. 2 AO).
4Ist im Ermittlungsverfahren eine nach § 2 StrEG entschädigungsfähige Strafverfolgungsmaßnahme vorausgegangen, so hat die Finanzbehörde in die Mitteilung von der Einstellung des Verfahrens die Belehrung aufzunehmen, dass der Beschuldigte innerhalb eines Monats seit der Zustellung der Einstellungsnachricht bei dem zuständigen Gericht den Antrag stellen kann, die Entschädigungspflicht der Staatskasse auszusprechen. Das zuständige Gericht ist anzugeben. Die Einstellungsmitteilung mit dieser Belehrung ist zuzustellen. Auf § 9 StrEG wird hingewiesen.
1Geben die Ermittlungen keinen genügenden Anlass zur Erhebung der öffentlichen Klage, weil z.B. eine Verurteilung des Beschuldigten nicht mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist oder sich der Verdacht als unbegründet erweist, so stellt die BuStra das Verfahren ein. Das gleiche gilt, wenn der Verurteilung ein Verfahrenshindernis entgegensteht, z.B. weil die Tat verjährt ist (§§ 78 - 78c StGB), der Täter vom Versuch zurückgetreten ist (§ 24 StGB) oder wenn dem Täter ein Rechtfertigungs- oder Schuldausschließungsgrund zur Seite steht.
2Das Steuerstrafverfahren ist auch einzustellen, wenn dem Beschuldigten nach dem Ermittlungsergebnis nur eine Steuerordnungswidrigkeit anzulasten ist. In diesen Fällen ist regelmäßig zu prüfen, ob ein Bußgeldverfahren in Betracht kommt, sofern die Grenzen der Nummer 104 Abs. 3 überschritten werden.
3Das Steuerstrafverfahren kann wieder aufgenommen werden, wenn hierzu Anlass besteht.
1Die BuStra kann mit Zustimmung des für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständigen Gerichts von der Verfolgung einer Straftat absehen, wenn die Schuld des Täters als gering anzusehen wäre und kein öffentliches Interesse an der Verfolgung besteht (§ 153 Abs. 1 Satz 1 StPO).
2Nach § 398 AO und § 153 Abs. 1 Satz 2 StPO kann die BuStra das Verfahren unter den Voraussetzungen des Abs. 1 ohne Zustimmung des Gerichts einstellen, wenn im Übrigen bei einer Steuerhinterziehung nur eine geringwertige Steuerverkürzung eingetreten ist oder nur geringwertige Steuervorteile erlangt wurden. Zur Bestimmung des Tatbestandsmerkmals der geringen Tatfolge (§ 153 Abs. 1 Satz 2 StPO) ist bei dem Delikt der Steuerhinterziehung insbesondere von der Summe der verkürzten Steuern auszugehen. Entsprechendes gilt in einem Verfahren wegen Begünstigung einer Person, die eine der in § 375 Abs. 1 Nummern 1 bis 3 AO genannten Taten begangen hat (§ 398 Satz 2 AO).
3Die Schuld ist als gering anzusehen, wenn sie bei einem Vergleich mit Steuerstraftaten gleicher Art nicht unerheblich unter dem Durchschnitt liegt. Im Rahmen der Berücksichtigung des öffentlichen Interesses sind jedoch Gründe der Spezial- oder Generalprävention mit zu erwägen. Die Gesamtwürdigung muss, auch unter Berücksichtigung der im Falle einer Bestrafung für die Strafzumessung maßgebenden Umstände nach § 46 Abs. 2 StGB ergeben, dass eine Bestrafung unter Abwägung aller Strafzwecke nicht notwendig erscheint. Eine Feststellung der Schuld ist nicht erforderlich; es genügt, dass für sie eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht. Die Strafsache braucht nicht weiter als bis zu der Feststellung aufgeklärt zu werden, dass die Schuld des Täters voraussichtlich als gering anzusehen wäre.
4Nach § 398a AO wird in den Fällen des § 371 Abs. 2 Satz 1 Nummer 3 und 4 AO von der Verfolgung einer Steuerstraftat abgesehen, wenn der an der Tat Beteiligte innerhalb einer ihm bestimmten angemessenen Frist die aus der Tat zu seinen Gunsten hinterzogenen Steuern, die Hinterziehungszinsen nach § 235 AO und die Zinsen nach § 233a AO, soweit sie auf die Hinterziehungszinsen nach § 235 Abs. 4 AO angerechnet werden, entrichtet und zusätzlich einen Geldbetrag gemäß § 398a Abs. 1 Nummer 2a bis c AO zugunsten der Staatskasse zahlt. Jeder an der Tat Beteiligte muss den Zuschlag in voller Höhe entrichten, damit von der strafrechtlichen Verfolgung gegen ihn abgesehen wird. Zur Ermittlung der hinterzogenen Steuer ist auf den wirtschaftlichen Schaden abzustellen, d. h. auf die tatsächlich entstandene Steuerschuld oder Zahllast. Das Kompensationsverbot nach § 370 Abs. 4 AO bleibt anders als beim Hinterziehungsbetrag (§ 398a Abs. 2 AO) bei der hinterzogenen Steuer unberücksichtigt. Berechnung und Abwicklung dieser Geldzahlung fallen in den Zuständigkeitsbereich der Bußgeld- und Strafsachenstellen, soweit diese nach §§ 386 Abs. 2, 399 AO zuständig sind. Die Abwicklung erfolgt im jeweiligen landeseigenen Haushalts- und Kassenverfahren. Zur Fristsetzung vgl. Nummer 11 Abs. 5.
5Das Verfahren kann wieder aufgenommen werden, wenn hierzu Anlass besteht.
1Nach § 153a StPO kann die BuStra im Bereich der kleineren und mittleren Kriminalität die Einstellung des Verfahrens von der Erfüllung bestimmter Auflagen und Weisungen durch den Beschuldigten abhängig machen. Dies gilt jedoch nur dann, wenn die Auflagen und Weisungen geeignet sind, das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung zu beseitigen (vgl. Nummer 82) und die Schwere der Schuld dem nicht entgegensteht. Für die Beurteilung der Schwere der Schuld sind die für die Strafzumessung geltenden Grundsätze, insbesondere § 46 StGB, heranzuziehen. Die Verfahrenseinstellung nach § 153a StPO ist nur mit Zustimmung des Beschuldigten zulässig und bedarf vorbehaltlich des Satzes 5 auch der Zustimmung des Gerichts. Nach § 153a Abs. 1 Satz 7 i.V.m. § 153 Abs. 1 Satz 2 StPO ist eine Verfahrenseinstellung auch ohne Zustimmung des Gerichts zulässig, wenn die Auflagen und Weisungen geeignet sind, das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung zu beseitigen und die durch die Tat verursachten Folgen gering sind (vgl. Nummer 82).
2Im Steuerstrafverfahren kommen namentlich folgende Auflagen und Weisungen - ggf. nebeneinander - in Betracht:
3In der Verfügung über die vorläufige Einstellung sind die Auflagen/Weisungen genau zu bezeichnen und eine Frist von höchstens 6 Monaten (§ 153a Abs. 1 Satz 3 StPO) zu deren Erfüllung festzusetzen. Ferner ist anzuordnen, dass die vorläufige Einstellung entfällt, wenn eine Auflage/Weisung nicht oder nicht fristgerecht erfüllt wird. Dem Beschuldigten soll auch anheim gegeben werden, Umstände, welche die Verlängerung der Frist oder die nachträgliche Änderung der Auflagen/Weisungen rechtfertigen könnten (§ 153a Abs. 1 Satz 4 StPO) rechtzeitig mitzuteilen. Besteht die Auflage in der Zahlung eines Geldbetrages, hat der Beschuldigte der BuStra die Zahlung nachzuweisen; die für die Steuerfestsetzung zuständige Stelle des Finanzamts erhält eine Kontrollmitteilung. Die Stelle, der gegenüber die Weisungen zu erfüllen oder an die Zahlungen zu leisten sind, wird unterrichtet und um Mitteilung über die Erfüllung oder nicht rechtzeitige Erfüllung gebeten.
4Erfüllt der Beschuldigte die Auflagen/Weisungen, wird das Verfahren endgültig eingestellt (§ 153a Abs. 1 Satz 5 StPO). Erfüllt der Beschuldigte sie nicht, hat die BuStra in eigener Zuständigkeit zu entscheiden, ob eine Fristverlängerung oder Änderung der Auflage in Betracht kommt (§ 153a Abs. 1 Satz 4 StPO). Ist das nicht der Fall und bleibt auch eine Erinnerung durch die BuStra ohne Erfolg oder erklärt der Beschuldigte, dass er den Auflagen/Weisungen nicht nachkommen will, ist dem Beschuldigten mitzuteilen, dass die vorläufige Einstellung entfallen ist. Das Verfahren wird dann, in der Regel durch Antrag auf Erlass eines Strafbefehls, fortgeführt. Auf Zahlungen, welche zur Erfüllung einer Auflage geleistet worden waren, ist das Gericht bzw. die Staatsanwaltschaft hinzuweisen. Auch wenn die Zahlungen vom Gericht bei der Strafzumessung berücksichtigt werden, verbleibt der gezahlte Betrag der Stelle, welche ihn vereinnahmt hatte.
1Die BuStra stellt Antrag auf Erlass eines Strafbefehls (§ 400 AO), wenn
2Die Ermittlungen bieten genügenden Anlass zur Erhebung der öffentlichen Klage, wenn kein Verfahrenshindernis besteht und der Beschuldigte der Straftat so verdächtig erscheint, dass im Falle der Durchführung einer Hauptverhandlung eine Verurteilung mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten wäre (hinreichender Tatverdacht im Sinne des § 203 StPO).
3Eine Erledigung im Strafbefehlsverfahren ist nach § 407 Abs. 2 Satz 2 StPO auch zulässig, wenn die Verhängung einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr erforderlich erscheint, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt werden kann und der Angeschuldigte einen Verteidiger hat oder ein Pflichtverteidiger bestellt wird (§ 408 b StPO). Eine Erledigung im Strafbefehlsverfahren ist in der Regel nicht geboten, wenn ein besonders schwerer Fall der Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 3 AO) vorliegt. Im Übrigen soll von dem Antrag auf Erlass eines Strafbefehls nur abgesehen werden, wenn die vollständige Aufklärung aller für die Rechtsfolgenbestimmung wesentlichen Umstände oder Gründe der Spezial- oder Generalprävention die Durchführung einer Hauptverhandlung geboten erscheinen lassen. Auf einen Strafbefehlsantrag ist nicht schon deswegen zu verzichten, weil ein Einspruch des Angeschuldigten zu erwarten ist.
4Der Antrag auf Erlass eines Strafbefehls darf erst gestellt werden, wenn dem Beschuldigten rechtliches Gehör gewährt worden ist und er Gelegenheit hatte, sich zu dem Ermittlungsergebnis zu äußern (s. auch Nummer 79 Abs. 2).
5Einem Begehren des Beschuldigten, das Verfahren nicht an die Staatsanwaltschaft abzugeben, sondern Antrag auf Erlass eines Strafbefehls zu stellen, braucht die BuStra nicht zu entsprechen.
1Die Geldstrafe ist in Tagessätzen zu verhängen, und zwar mit mindestens 5 und höchstens 360 vollen Tagessätzen (§ 40 Abs. 1 StGB). Bei der Bestimmung der Zahl der Tagessätze ist davon auszugehen, dass eine nach Unrecht und Schuld gleich schwere Straftat bei Tätern mit unterschiedlichen Einkommensverhältnissen gleich schwer, d.h. mit der gleichen Anzahl von Tagessätzen, bestraft werden muss.
2Die Gesamtstrafe wird durch Erhöhung der verwirkten höchsten Strafe, bei Strafen verschiedener Art durch Erhöhung der ihrer Art nach schwersten Strafe gebildet (§ 54 Abs. 1 Satz 2 StGB). Die Gesamtstrafe darf die Summe der Einzelstrafen nicht erreichen und bei Geldstrafe 720 Tagessätze nicht übersteigen (§ 54 Abs. 2 StGB). Die Erhöhung der Einsatzstrafe hat in der Regel niedriger auszufallen, wenn zwischen gleichartigen Taten ein enger zeitlicher, sachlicher und situativer Zusammenhang besteht (BGH-Beschluss vom 13. April 2010 – 3 StR 71/10). Die Bildung der Gesamtstrafe erfordert grundsätzlich einen gesonderten Strafzumessungsvorgang unter zusammenfassender Würdigung der einbezogenen Straftaten und der Person des Täters. Eine Bezugnahme auf die Zumessungsgründe, die für die Einzelstrafen bestimmend waren, genügt insbesondere dann nicht, wenn die Höhe der Einsatzstrafe und der Gesamtstrafe erheblich differieren (BGH-Beschluss vom 4. Juni 2004, 2 StR 163/04).
3Die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters zur Zeit der Bestrafung werden bei der Geldstrafenbemessung durch die Höhe des Tagessatzes berücksichtigt, der mindestens auf 1 € und höchstens 30.000 € festzusetzen ist. In der Regel ist ein Tagessatz nach dem Nettoeinkommen (vgl. Nummer 86) zu bemessen, das der Täter durchschnittlich an einem Tag hat oder haben könnte (§ 40 Abs. 2 StGB). Dieses kann - insbesondere bei Gewerbetreibenden und Angehörigen der freien Berufe - erforderlichenfalls geschätzt werden (§ 40 Abs. 3 StGB).
1Die Höhe des Tagessatzes richtet sich gemäß § 40 Abs. 2 Satz 2 StGB nach dem „Nettoeinkommen", das der Täter täglich hat bzw. haben könnte. Einkommen im Sinne des § 40 Abs. 2 Satz 2 StGB sind nicht nur die Einkünfte aus den Einkunftsarten des Steuerrechts, sondern jegliche Vermögenszuflüsse und alle regelmäßigen geldwerten Zuwendungen (z.B. Unterhaltszahlungen) einschließlich der Sachbezüge, die der Täter von dritter Seite erhält, gleich welcher Art sie sind oder auf welchem Rechtsgrund sie beruhen.
2Nettoeinkommen ist der dem Täter nach Abzug der gesetzlich vorgeschriebenen Leistungen (Steuer und Sozialversicherungsbeiträge), der außergewöhnlichen Belastungen und bei nicht sozialversicherungspflichtigen Tätern der Aufwendungen für eine Lebens- und Krankenversicherung verbleibende Betrag. Weitere Abzüge kommen nicht in Betracht, z.B. Zins- und Tilgungsleistungen für ein Eigenheim. Wenn der Täter vorhandene Erwerbsmöglichkeiten nicht oder nicht ausreichend nutzt, oder ein geringeres als das übliche Arbeitsentgelt für seine Arbeit vereinbart, darf er dadurch bei der Bemessung der Geldstrafe nicht besser gestellt werden. Unterhaltsleistungen des Täters sind angemessen zu berücksichtigen, auch wenn sie nicht nachgewiesen werden.
3Kann das Einkommen nicht zeitnah ermittelt werden, ist unter Berücksichtigung aller ins Gewicht fallender Umstände, die die aktuelle wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Täters beeinflussen, zu schätzen.
4Verfügt der Täter über ein erhebliches Vermögen, so ist der Tagessatz dann angemessen zu erhöhen, wenn sich sonst keine fühlbare Strafe erreichen ließe.
5Eine Offenbarung der wirtschaftlichen Verhältnisse ist gemäß § 30 Abs. 4 Nummer 1 AO in einem Steuerstrafverfahren zwecks Bestimmung der Tagessatzhöhe nach § 40 Abs. 2 StGB zulässig.
1Die getroffenen steuerlichen und strafrechtlichen Ermittlungsergebnisse sowie deren Würdigung hat die BuStra in einem Abschlussvermerk (§ 169a StPO) aktenkundig zu machen. Der Antrag muss die für den Erlass des Strafbefehls erforderlichen Angaben (§ 409 Abs. 1 StPO) enthalten. Er ist als Strafbefehlsentwurf zu fassen (vgl. Nummern 176 und 177 Abs. 1 RiStBV). Zur Kennzeichnung einer zu ahndenden Steuerhinterziehung im Strafbefehl gehört die kurze Darstellung der tatsächlichen Grundlagen des materiellen Steueranspruchs über dessen Verkürzung entschieden werden soll, die Angabe, durch welches Täterverhalten und für welchen in Betracht kommenden Steuerabschnitt die Erklärungs- und/oder Anmeldepflichten verletzt wurden, sowie ein Vergleich der gesetzlich geschuldeten Steuer mit der, die aufgrund der unrichtigen oder unvollständigen Angaben des Täters gegenüber der Steuerbehörde nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig angemeldet oder festgesetzt wurde. Mängel in der Umgrenzungsfunktion des Strafbefehls führen zu dessen Unwirksamkeit (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 26. Mai 1988 - 3 Ws 85/87 - wistra 1988, 365, DB 1991, 2163).
2Bei einem Antrag auf Erlass eines Strafbefehls (§ 400 erster Halbsatz AO) hat das Finanzamt (BuStra) Art und Höhe der gegen den Beschuldigten zu verhängenden Strafe anzugeben. Im Hinblick auf § 267 Abs. 3 StPO ist im Abschlussvermerk darzulegen, welche Gesichtspunkte die Strafzumessung beeinflussen. Hierbei genügen nicht allgemeine Bemerkungen; vielmehr sind alle wesentlichen Tatsachen und Erwägungen anzugeben, aus denen die Strafzumessung gefunden wird.
3Dem Antrag sind vorbehaltlich Nummer 35 Abs. 4 alle Vorgänge beizufügen, die für die Schuld und die Strafzumessung von Bedeutung sind. Dazu gehören verwaltungsinterne Vermerke nicht. In den Fällen des § 407 Abs. 2 Satz 2 StPO ist dem Strafbefehlsantrag ein Beschlussvorschlag hinsichtlich der Bewährungsauflagen beizufügen. Der Bewährungsbeschluss muss zumindest einen Vorschlag bezüglich der Dauer der Bewährungszeit sowie die Aufforderung zur Anzeige eines Wohnsitzwechsels enthalten. Weitere Bewährungsauflagen sind im Einzelfall vorzuschlagen.
4Der Antrag ist an das zuständige Amtsgericht zu übersenden. Dabei ist je nach Bedeutung des Falles die Entscheidung durch den Strafrichter oder den Vorsitzenden des Schöffengerichts zu beantragen.
5Ist der Hinterziehungsbetrag nicht oder nur zum Teil nachentrichtet worden, ist gemäß §§ 73ff. StGB im Strafbefehl zwingend über die Anordnung einer Einziehung zu entscheiden. Ein Absehen von einer Einziehung kommt nur unter den Voraussetzungen des § 421 StPO in Betracht. Diese Entscheidung ist im Abschlussvermerk darzulegen.
1Teilt das Gericht der BuStra mit, dass es eine andere als die beantragte Rechtsfolge für angemessen oder eine weitere Aufklärung für notwendig hält, ist nach dem Abs. 2 der Nummer 178 RiStBV zu verfahren. Gegen die Anberaumung der Hauptverhandlung (§ 408 Abs. 3 Satz 2 StPO) ist kein Rechtsmittel gegeben.
2Gibt der Vorsitzende des Schöffengerichts die Sache an den Strafrichter ab (§ 408 Abs. 1 Satz 1 erster Halbsatz StPO) oder weist der Richter den Antrag auf Erlass eines Strafbefehls zurück, kann die BuStra dagegen sofortige Beschwerde (§ 311 StPO) einlegen (§§ 408 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz, 210 Abs. 2 StPO).
1Bieten die durchgeführten Ermittlungen genügenden Anlass zur Erhebung der öffentlichen Klage (vgl. Nummer 84 Abs. 2), ist aber die Strafsache für das Strafbefehlsverfahren nicht geeignet, so legt die BuStra die Akten der Staatsanwaltschaft vor (§ 400 zweiter Halbsatz AO).
2Bei der Vorlage hat die BuStra das wesentliche Ermittlungsergebnis übersichtlich zusammenfassend darzustellen und in der Regel auch rechtlich zu würdigen. Die Darstellung soll der Gewichtigkeit des Falles entsprechen. Die Abgabeschrift ist vom Sachgebietsleiter zu unterzeichnen.
1Die BuStra kann nach pflichtgemäßem Ermessen beantragen, die Einziehung (§§ 73 bis 76b StGB, § 29a OWiG) selbständig anzuordnen oder eine Geldbuße gegen eine juristische Person oder eine Personenvereinigung (§ 30 OWiG) selbständig festzusetzen (§ 401 AO). Das Verfahren richtet sich nach § 76a StGB und § 444 Abs. 3 StPO. Richtet sich die Einziehung gegen eine Person, die nicht Beschuldigte ist, so wird sie nach § 424 Abs. 1 StPO auf Anordnung des Gerichts am Strafverfahren beteiligt, soweit dieses die Einziehung betrifft (Einziehungsbeteiligter). Im Falle des § 30 OWiG gilt gleiches hinsichtlich der juristischen Person oder der Personenvereinigung (§§ 444 Abs. 3, 432 Abs. 1 Satz 1 StPO). Wegen des abschließenden Vermerks vgl. Nummer 87 Abs. 1 Satz 1.
2Nach § 44 StGB (in der seit dem 24. August 2017 gültigen Fassung) kann ein Fahrverbot auch bei nicht verkehrsbezogenen Straftaten verhängt werden. Die Anordnung eines Fahrverbots kommt in den Fällen der Nummern 84 und 89 in Betracht, wenn sie zur Einwirkung auf den Täter oder zur Verteidigung der Rechtsordnung erforderlich erscheint oder hierdurch die Verhängung einer Freiheitsstrafe oder deren Vollstreckung vermieden werden kann (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28. März 2019 – 2 RVs 15/19).
1Führt die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren in Strafsachen durch, so hat die BuStra nach § 402 Abs. 1 AO nur dieselben Rechte und Pflichten wie die Behörden des Polizeidienstes nach der Strafprozessordnung, insbesondere nach § 161 und § 163 StPO sowie die Befugnisse nach § 399 Abs. 2 Satz 2 AO. Beschuldigte und Sachverständige sind nicht verpflichtet, auf Ladung vor ihr zu erscheinen; Zeugen nur unter den Voraussetzungen des § 163 Abs. 3 Satz 1 StPO (analog Nummer 47). Die Vorgänge sind ohne Verzug der Staatsanwaltschaft zu übersenden (§ 163 Abs. 2 StPO).
2Wegen der Rechte und Pflichten der Steuerfahndungsstellen und ihrer Beamten wird auf Nummer 123 verwiesen.
3Beschlagnahmen, Durchsuchungen und körperliche Untersuchungen dürfen von BuStra und Steufa nur bei Gefahr im Verzug angeordnet werden (§ 399 Abs. 2 Satz 2 AO, §§ 81a Abs. 2, 98 Abs. 1, § 105 Abs. 1 StPO). Die Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation darf auch bei Gefahr im Verzug nur durch die Staatsanwaltschaft und nicht durch die BuStra bzw. Steufa angeordnet werden (§ 402 Abs. 1 AO, § 100e Abs. 1 Satz 2 StPO). Die Befugnis zur Durchsicht der Papiere hat im Verfahren der Staatsanwaltschaft neben dieser die Steufa (vgl. Nummer 123 Abs. 3 Nummer 3) und darüber hinaus die BuStra, soweit die Staatsanwaltschaft dies anordnet.
4Finanzämter, auf die keine Zuständigkeit nach § 387 Abs. 2 AO übertragen worden sind, haben im Verfahren der Staatsanwaltschaft dieselben Rechte und Pflichten wie die BuStra nach den Abs. 1 und 3 (§ 402 Abs. 2 AO).
5Die vorgenannten Stellen und Ämter sind verpflichtet, einem Ersuchen der Staatsanwaltschaft um Durchführung von Ermittlungen im Rahmen ihrer Aufgaben (§ 17 Abs. 2 FVG; Nummer 122 Abs. 1), und ihrer Zuständigkeit (vgl. Nummern 23 bis 25, 123 Abs. 3) nachzukommen.
1Führt die Staatsanwaltschaft oder die Polizei Ermittlungen in Strafsachen der Nummern 18 und 19 durch, so ist die BuStra befugt, daran teilzunehmen (§ 403 Abs. 1 Satz 1 AO). Zu diesem Zweck sollen ihr Ort und Zeit der Ermittlungshandlungen rechtzeitig mitgeteilt werden (§ 403 Abs. 1 Satz 2 AO). Von dieser Teilnahmebefugnis soll in Fällen von Gewicht oder auf Antrag des Beschuldigten in der Regel Gebrauch gemacht werden. Der Vertreter der BuStra ist berechtigt, Fragen an Beschuldigte, Zeugen und Sachverständige zu stellen (§ 403 Abs. 1 Satz 3 AO).
2Das Anwesenheitsrecht gilt auch für solche gerichtlichen Verhandlungen während des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens in Strafsachen der Nummern 18 und 19, bei denen auch der Staatsanwaltschaft die Anwesenheit gestattet ist (§ 403 Abs. 2 AO). Das ist insbesondere bei der gerichtlichen Vernehmung des Beschuldigten sowie eines Zeugen oder Sachverständigen der Fall (§ 168c StPO).
3Das Recht zur Akteneinsicht und zur Besichtigung sichergestellter Gegenstände nach § 395 AO hat die BuStra auch im steuerlichen Interesse.
4Teilt die Staatsanwaltschaft der BuStra mit, dass sie beabsichtige, das Verfahren einzustellen, von der Erhebung einer Klage abzusehen oder die Strafverfolgung zu beschränken (§§ 153 ff. StPO, § 398 AO), hat die BuStra in ihrer Stellungnahme (§ 403 Abs. 4 AO) die Belange der Finanzverwaltung gegebenenfalls auch aus steuerlicher Sicht darzutun.
Werden Auflagen angeordnet, deren Erfüllung die Staatsanwaltschaft zu überwachen hat, z.B. § 153a Abs. 1 StPO, soll die BuStra, soweit es sich bei den Auflagen um Steuerzahlungen handelt, die Staatsanwaltschaft bei der Überwachung unterstützen und gegebenenfalls den Zahlungseingang durch die Finanzkasse überwachen lassen.
1Die BuStra hat grundsätzlich den Termin der Hauptverhandlung wahrzunehmen. Sie kann nur in einfach gelagerten Fällen und nur im Einvernehmen mit der Staatsanwaltschaft von einer Teilnahme absehen.
2Vor dem Termin zur Hauptverhandlung soll der Vertreter der BuStra sich mit dem Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft absprechen und gegebenenfalls Einblick in die Gerichtsakten nehmen, um auch von Verfahrensumständen Kenntnis zu bekommen, die der BuStra bisher nicht bekannt sind (z.B. Begründung des Einspruchs). Während der Hauptverhandlung soll der Vertreter der BuStra nach Möglichkeit sich sofort mit dem Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft zu Äußerungen, Vorfällen, Anträgen des Angeklagten oder dessen Verteidigers oder Fragen des Gerichts beraten. Ist er mit Anträgen der Staatsanwaltschaft nicht einverstanden, soll er eine Sitzungspause anregen, um mit dem Staatsanwalt in der Pause das Für und Wider abzuwägen.
3Der Vertreter der BuStra hat sein Mitwirkungsrecht auch als Mitwirkungspflicht aufzufassen (§ 407 Abs. 1 Sätze 4 und 5 AO, Nummer 127 RiStBV). Insbesondere durch sachdienliche Fragen an den Angeklagten und die Zeugen kann er die Aufklärung des Sachverhalts unterstützen. Er kann zu dem Schlussvortrag des Staatsanwalts (vgl. Nummer 138 RiStBV) noch ergänzende Ausführungen machen, nicht aber selbst Anträge stellen.
4Zu den Beteiligungsrechten der BuStra bei der Verständigung im Strafverfahren vgl. §§ 160b, 202a, 212 und 257c StPO.
Hat die BuStra gegen einen Beschluss oder ein Urteil Bedenken, so regt sie unter Beachtung der Nummer 147 RiStBV bei der Staatsanwaltschaft an, dass diese Rechtsmittel einlegt.
Werden vom Gericht Auflagen angeordnet, deren Erfüllung das Gericht zu überwachen hat (z.B. § 153a Abs. 2 StPO), gilt Nummer 93 entsprechend.
1Einwendungen gegen Anordnungen, Maßnahmen, Unterlassungen sowie gegen das Verhalten von Amtsträgern sind vorbehaltlich der Nummer 98 als Gegenvorstellung oder, falls dies ausdrücklich begehrt wird oder aus den Umständen des Falles ersichtlich ist, dass die Entscheidung eines Vorgesetzten herbeigeführt werden soll, als Dienstaufsichts- oder als Sachaufsichtsbeschwerde zu behandeln.
2Über Gegenvorstellungen ist alsbald zu entscheiden. Aufsichtsbeschwerden sind unverzüglich der vorgesetzten Behörde vorzulegen, wenn ihnen nicht abgeholfen wird. Sachaufsichtsbeschwerden bei Maßnahmen, die Beamte der Steuerfahndungsstellen in ihrer Eigenschaft als Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft (§ 404 AO) und Beamte der BuStra (§ 402 AO) auf Anordnung der Staatsanwaltschaft treffen, sind, wenn ihnen nicht abgeholfen wird, der Staatsanwaltschaft vorzulegen.
3Soweit mit Einwendungen ein Verwertungsverbot (vgl. Nummer 149) geltend gemacht wird, ist über dieses bei der abschließenden Entscheidung im Strafverfahren zu befinden.
4Wird ein Schadensersatzanspruch geltend gemacht, ist die für die Vertretung des Landes in solchen Prozessen zuständige Behörde zu unterrichten.
1Einwendungen gegen gerichtliche Durchsuchungs- oder Beschlagnahmeanordnungen sowie Arrest- und Vollziehungsmaßnahmen sind dem Gericht zuzuleiten (§ 306 StPO). Dies gilt auch dann, wenn die Maßnahmen bereits vollzogen sind.
2Einwendungen gegen eine durch die Steuerfahndungsbeamten, die BuStra oder nach § 399 Abs. 2 Satz 2 AO angeordnete Durchsuchung oder Beschlagnahme sowie Arrest- und Vollziehungsmaßnahmen sind als Antrag auf gerichtliche Entscheidung (vgl. § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO) dem Gericht vorzulegen. Dies gilt auch dann, wenn die Maßnahmen bereits vollzogen sind. Zuständig ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Durchsuchung oder Beschlagnahme stattgefunden hat. Wurde eine solche Maßnahme bereits in einem anderen Bezirk durchgeführt, so entscheidet das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Finanzbehörde, die das Ermittlungsverfahren führt, ihren Sitz hat.
3Einwendungen gegen die Anordnung der Vorführung nach § 161a Abs. 2 Satz 1 StPO i. V. m. §§ 51 Abs. 1 Satz 3, 163a Abs. 3 Satz 2, 134 Abs. 1 StPO sind als Antrag auf gerichtliche Entscheidung (§§ 163a Abs. 3 Satz 3, 161a Abs. 3 Satz 1 StPO) dem Gericht vorzulegen. Über den Antrag entscheidet das nach § 162 StPO zuständige Gericht (§ 161a Abs. 3 Satz 1 StPO).
4Wird ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach den §§ 23 ff. EGGVG gestellt, ist der Vorgang mit einer Stellungnahme dem zuständigen Oberlandesgericht (§ 25 Abs. 1 EGGVG) unmittelbar vorzulegen. Die Staatsanwaltschaft beim Landgericht ist zu unterrichten.
Aufschiebende Wirkung kommt den in Nummern 97 und 98 genannten Einwendungen nicht zu, auch nicht in Bezug auf die Auswertung von Unterlagen. Unbeschadet der Aussetzungsbefugnis des Richters nach § 307 Abs. 2 StPO ist jedoch zu prüfen, ob und ggf. wie weit im Einzelfall von der Durchführung von Maßnahmen usw. abgesehen werden soll; Voraussetzung ist stets, dass weder Verdunklungs- noch Fluchtgefahr besteht und dass auch die Ermittlungen sonst nicht wesentlich erschwert werden.
1Im Bußgeldverfahren wegen Ordnungswidrigkeiten im Sinne der Nummern 105 und 106 gelten, soweit die §§ 409 bis 412 AO und die in § 410 Abs. 1 Nummern 1 bis 12 AO aufgeführten und entsprechend anwendbaren Vorschriften der AO über das Strafverfahren keine speziellere Regelung treffen, die verfahrensrechtlichen Vorschriften des OWiG (§ 410 Abs. 1 AO) und nach Maßgabe des § 46 Abs. 1 OWiG sinngemäß die allgemeinen Gesetze über das Strafverfahren.
2Bei Ordnungswidrigkeiten nach dem Steuerberatungsgesetz (vgl. Nummer 107) ist § 164 StBerG zu beachten.
Im Bußgeldverfahren wegen Ordnungswidrigkeiten im Sinne der Nummern 105 und 106 sind folgende Regelungen des Dritten Teils sinngemäß anzuwenden:
| (Verhältnis des Strafverfahrens zum Besteuerungsverfahren); |
| (Einleitung des Strafverfahrens) mit Ausnahme der Nummer 26 Abs. 1 (sog. Legalitätsprinzip); |
| (Verteidigung) mit Ausnahme der Nummer 35 Abs. 7 Satz 1, da insoweit § 49 OWiG gilt; |
| (allgemeine Ermittlungsgrundsätze) mit Ausnahme der Nummer 39; |
| (Vernehmung) mit Ausnahme der Nummer 53 Abs. 1 und Nummer 54 Abs. 1, soweit es um die Anordnung der Vorführung geht (vgl. Nummer 102 Abs. 2); |
| (Durchsuchung und Beschlagnahme) mit Ausnahme der Nummer 57 Abs. 1 Nummer 2, der Nummer 61 sowie der Nummer 56 insoweit, als im Hinblick auf § 46 Abs. 3 OWiG eine Durchsuchung zum Zwecke der Ergreifung des Verdächtigen nicht zulässig ist (vgl. auch Nummer 102 Abs. 1); |
| (Stellung der Finanzbehörde im Verfahren der Staatsanwaltschaft) mit Ausnahme der Nummer 92 Abs. 3, da insoweit § 49 OWiG gilt, sowie der Nummer 93; |
| (Stellung der Finanzbehörde im gerichtlichen Verfahren) mit Ausnahme der Nummer 96; |
| (Behandlung von Einwendungen) mit Ausnahme der Nummer 98 Abs. 3, 4 (vgl. Nummer 102 Abs. 2, Nummer 117). |
1Verhaftung, vorläufige Festnahme (vgl. Nummer 73), Postbeschlagnahme (vgl. Nummer 61) sowie Auskunftsersuchen (vgl. Nummern 144 ff.) über Umstände, die dem Post- und Fernmeldegeheimnis unterliegen, sind nicht zulässig (§ 46 Abs. 3 Satz 1 OWiG). Dies gilt auch für die Überwachung der Telekommunikation.
2Kommen der Betroffene oder Zeugen einer Ladung der BuStra nicht nach, kann deren Vorführung nur vom Richter angeordnet werden (§ 46 Abs. 5 OWiG).
3Anders als im Strafverfahren (vgl. Nummer 79 Abs. 2 Satz 1, Nummer 84 Abs. 4) braucht der Betroffene vor Abschluss der Ermittlungen nicht vernommen zu werden, sondern es genügt, wenn ihm Gelegenheit gegeben wird, sich zu der Beschuldigung zu äußern (§ 55 Abs. 1 OWiG).
4Der Betroffene braucht auf sein Recht, auch schon vor seiner Vernehmung einen Verteidiger zu befragen oder einzelne Beweiserhebungen zu beantragen (vgl. Nummer 49 Abs. 1 Satz 2), nicht hingewiesen zu werden (§ 55 Abs. 2 OWiG), doch soll bei schwieriger Sach- und/oder Rechtslage ein entsprechender Hinweis gegeben werden.
1Die BuStra hat im Bußgeldverfahren dieselben Rechte und Pflichten wie die Staatsanwaltschaft bei der Verfolgung von Straftaten, soweit das OWiG nichts anderes bestimmt (§ 46 Abs. 2 OWiG), und somit grundsätzlich die gleichen Ermittlungsbefugnisse wie bei der Verfolgung von Steuerstraftaten im selbständigen Verfahren. Zu den Einschränkungen vgl. Nummer 102.
2Verfolgt die Staatsanwaltschaft die Ordnungswidrigkeiten (vgl. Nummer 110), bleiben das Recht des ersten Zugriffs und die Pflicht zur unverzüglichen Aktenübersendung (vgl. Nummer 91 Abs. 1 Satz 3) bestehen (§ 53 Abs. 1 Satz 1 und 3 OWiG).
1Die Finanzbehörde hat im Rahmen ihrer Zuständigkeit nach § 47 Abs. 1 OWiG Ordnungswidrigkeiten nach pflichtgemäßem Ermessen zu verfolgen (Opportunitätsprinzip). Das Opportunitätsprinzip ermöglicht es der Finanzbehörde, von der Verfolgung einer Ordnungswidrigkeit auch dann abzusehen, wenn die Verfolgungsvoraussetzungen an sich vorliegen. Auch bei Verdacht einer Ordnungswidrigkeit im Sinne der Nummern 105 bis 107 braucht sie daher ein Bußgeldverfahren nicht einzuleiten oder kann die Verfolgung, ggf. auch erst im späteren Verlauf des Verfahrens, in tatsächlicher und/oder rechtlicher Hinsicht begrenzen oder ganz von ihr absehen; die Verfolgungsbegrenzung soll in den Akten vermerkt werden.
2Die Ermessensentscheidung hat sie unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles nach sachlichen Gesichtspunkten zu treffen und dabei vor allem den Gleichheitsgrundsatz, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und das Übermaßverbot (vgl. Nummer 3), die Bedeutung der Tat, den Grad der Vorwerfbarkeit und das öffentliche Interesse an der Verfolgung, das z.B. von der Häufigkeit derartiger Verstöße und der Wiederholungsgefahr abhängen kann, zu beachten (vgl. Nummer 82 Abs. 3).
3Trotz Verdachts kann von der Verfolgung einer Ordnungswidrigkeit nach den vorstehenden Absätzen in der Regel abgesehen werden, wenn der verkürzte Betrag oder der gefährdete Betrag insgesamt weniger als 5.000 € beträgt, sofern nicht ein besonders vorwerfbares Verhalten für die Durchführung eines Bußgeldverfahrens spricht. Das gleiche gilt, wenn in diesen Fällen der insgesamt gefährdete Betrag unter 10.000 € liegt und der gefährdete Zeitraum 3 Monate nicht übersteigt.
Steuerordnungswidrigkeiten sind insbesondere:
Den Steuerordnungswidrigkeiten stehen Handlungen im Sinne der Nummer 105, die sich auf Prämien und Zulagen beziehen, gleich, soweit in den entsprechenden Gesetzen auf die in Nummer 105 genannten Vorschriften verwiesen wird (§ 8 Abs. 2 WoPG; § 14 Abs. 3 5. VermBG).
1Nach dem Steuerberatungsgesetz werden als Ordnungswidrigkeiten geahndet
2Nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz (§ 130 OWiG) kann die Verletzung der Aufsichtspflicht in Betrieben und Unternehmen geahndet werden, sofern die nicht verhinderte oder erschwerte Zuwiderhandlung eine Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit ist (§§ 131 Abs. 3, 36 Abs. 1 OWiG, § 409 AO i.V.m. § 387 AO). Eine Geldbuße gegen juristische Personen oder Personenvereinigungen kann unter den Voraussetzungen des § 30 OWiG verhängt werden.
3Nach dem Geldwäschegesetz (§ 56 GwG) kann die Verletzung der Identifizierungs-, Aufzeichnungs-, Aufbewahrungs-, Melde- und Duldungspflichten als Ordnungswidrigkeit geahndet werden.
Unter den Voraussetzungen des § 50e Abs. 2 EStG werden Steuerstraftaten bei geringfügiger Beschäftigung in Privathaushalten nicht verfolgt. Gleichwohl bleiben die Bußgeldvorschriften der Abgabenordnung mit der Maßgabe anwendbar, dass eine Ahndung nach § 378 AO auch bei vorsätzlichem Handeln möglich ist.
1Die Finanzbehörde ist zuständig für die Verfolgung und Ahndung von
und
2Die Finanzbehörde ist weiterhin sachlich zuständige Verwaltungsbehörde im Sinne des § 36 Abs. 1 Nummer 1 OWiG für Ordnungswidrigkeiten der Steuerberater und Steuerbevollmächtigten nach dem Geldwäschegesetz (§ 56 Abs. 5 Satz 3 und Abs. 6 GwG).
3Die Finanzbehörde ist auch zuständig für die selbständige Anordnung der Einziehung gemäß § 29a Abs. 5 OWiG, sofern sie für die Verfolgung der Ordnungswidrigkeit des Betroffenen zuständig wäre (Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3).
4Die sachliche Zuständigkeit für Ordnungswidrigkeiten nach §§ 39 Abs. 9, 39e Abs. 4 Satz 7 EStG liegt gemäß §§ 409 Satz 1, 387 Abs. 1 AO bei der für den Arbeitgeber zuständigen Finanzbehörde bzw. bei der Finanzbehörde, der diese Zuständigkeit nach §§ 409 Satz 2 i. V. m. 387 Abs. 2 AO durch Rechtsverordnung übertragen ist.
5Das Bundeszentralamt für Steuern ist zuständige Verwaltungsbehörde für die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten nach
1Die Finanzbehörde hat die Vorgänge unter Beachtung der Nummern 128 und 129 der Staatsanwaltschaft vorzulegen, sobald sie davon erfährt, dass die Staatsanwaltschaft wegen derselben Tat (vgl. Nummer 17 Abs. 2) bereits im Strafverfahren ermittelt (vgl. § 40 OWiG).
2Besteht ein Zusammenhang zwischen einer Ordnungswidrigkeit und einer Straftat, ohne dass eine Tat im Sinne der Nummer 17 Abs. 2 vorliegt (§ 42 Abs. 1 Satz 2 OWiG), so kann die Staatsanwaltschaft die Verfolgung der Ordnungswidrigkeit übernehmen, solange nicht ein Bußgeldbescheid vom Zeichnungsberechtigten unterschrieben und in den Geschäftsgang gegeben wurde (§ 42 Abs. 1 Satz 1 OWiG). Bei der Vorlage der Vorgänge an die Staatsanwaltschaft sind die Nummern 128 und 129 zu beachten.
3Ermittelt die Finanzbehörde wegen einer Tat (vgl. Nummer 17 Abs. 2) im Strafverfahren, so ist sie in diesem Verfahren auch für die Verfolgung der Tat unter dem rechtlichen Gesichtspunkt einer Ordnungswidrigkeit im Sinne der Nummern 105 bis 107 zuständig (entsprechend § 40 OWiG); auf § 21 OWiG wird hingewiesen. Bei einer Abgabe nach Nummer 22 oder Vorlage nach Nummer 89 geht die Verfolgungskompetenz der Finanzbehörde auch hinsichtlich der Tat als Ordnungswidrigkeit auf die Staatsanwaltschaft über.
4Ergibt sich bei der Verfolgung einer Ordnungswidrigkeit der Verdacht (vgl. Nummer 26), dass dieselbe Tat (vgl. Nummer 17 Abs. 2) gleichzeitig eine Straftat ist, so ermittelt die Finanzbehörde im Strafverfahren weiter, wenn ihr auch für die Straftat die Ermittlungsbefugnis zusteht; anderenfalls legt sie die Vorgänge unter Beachtung der Nummern 128 und 129 der Staatsanwaltschaft vor.
1Sind für die Verfolgung einer Tat (vgl. Nummer 17 Abs. 2) oder bei Zusammenhang (§ 38 OWiG) zwischen mehreren Ordnungswidrigkeiten nach Nummern 105 bis 107 verschiedene Finanzbehörden zuständig, ist nach § 39 OWiG zu verfahren. Kommt eine Vereinbarung nach § 39 Abs. 2 OWiG nicht zustande, ist vor der Stellung eines Antrags auf gerichtliche Entscheidung (§ 39 Abs. 3 Nummern 2 und 3 OWiG) den vorgesetzten Behörden zu berichten.
2Besteht Tateinheit zwischen einer Ordnungswidrigkeit nach Nummern 105 bis 107 und einer anderen Ordnungswidrigkeit oder hängen solche Ordnungswidrigkeiten zusammen, hat sich die Finanzbehörde mit der anderen Behörde alsbald ins Benehmen zu setzen. Wird eine Vereinbarung nach § 39 Abs. 2 OWiG in Erwägung gezogen, ist zu berücksichtigen, dass in der Regel auch steuerliche Ermittlungen geführt werden müssen.
Die Finanzbehörde ist zuständig für die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten nach Nummer 108.
1Hält die BuStra aufgrund der Ermittlungen eine Ordnungswidrigkeit nicht für erwiesen oder besteht ein endgültiges Verfahrenshindernis, stellt sie das Verfahren nach § 46 Abs.1 OWiG i.V.m. § 170 Abs. 2 StPO ein; erscheint die Verfolgung nicht geboten, stellt sie das Verfahren nach § 47 Abs. 1 OWiG ein. Nummer 80 Abs. 1 bis 3 gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 entscheidet die BuStra auch über eine evtl. Entschädigungspflicht nach dem StrEG (vgl. im Einzelnen zu den Besonderheiten § 110 OWiG).
2Hält die BuStra nach Abschluss der Ermittlungen die Ordnungswidrigkeit für erwiesen und die Ahndung mit einer Geldbuße für geboten, vermerkt sie den Abschluss der Ermittlungen in den Akten (§ 61 OWiG) und erlässt einen Bußgeldbescheid (§§ 65, 66 OWiG).
1Grundlage für die Zumessung der Geldbuße gemäß § 17 Abs. 3 OWiG sind die Bedeutung der Ordnungswidrigkeit und der Vorwurf, der den Täter trifft. Auch die aktuellen wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters kommen in Betracht. Die Geldbuße soll ferner gemäß § 17 Abs. 4 OWiG den wirtschaftlichen Vorteil des Täters aus der Ordnungswidrigkeit übersteigen. Der wirtschaftliche Vorteil kann nicht nur unmittelbar in Geld, sondern auch in einem sonstigen in Geld zu bemessenden Vorteil bestehen. Bei einer nicht rechtzeitigen Steuerfestsetzung bzw. Zahlung wird der wirtschaftliche Vorteil durch den hierdurch entstehenden Zinsvorteil erlangt. Als Zinssatz soll mindestens von 0,5 v.H. pro vollen Monat ausgegangen werden.
2Im Bußgeldbescheid soll im Hinblick auf § 4 Abs. 5 Satz 1 Nummer 8 Satz 4 EStG angegeben werden, welcher Anteil an der verhängten Geldbuße der Abschöpfung des erlangten wirtschaftlichen Vorteils dient.
3Eine Offenbarung der wirtschaftlichen Verhältnisse ist gemäß § 30 Abs. 4 Nummer 1 AO in einem Bußgeldverfahren wegen einer Steuerordnungswidrigkeit nach Nummer 105 zur Zumessung der Geldbuße gemäß § 17 Abs. 3 OWiG zulässig.
1Soll gegen einen Angehörigen der rechts- und steuerberatenden Berufe wegen einer Steuerordnungswidrigkeit, die er nicht in eigenen Steuerangelegenheiten, sondern in Ausübung seines Berufes bei der Steuerberatung begangen hat, ein Bußgeldbescheid erlassen werden und ist deshalb zuvor der zuständigen Berufskammer Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben (§ 411 AO), so sind dieser die Bußgeldakten (Hauptakten) zur Einsicht vorzulegen. Dies gilt auch für die Teile der Akten, die den Steuerpflichtigen oder einen sonst Beteiligten betreffen, wenn sie für die Beurteilung des Falles von Bedeutung sind. Nummer 89 Abs. 2 gilt entsprechend.
2Der Kammer ist von der BuStra eine angemessene Frist für die Abgabe der Stellungnahme einzuräumen. Die BuStra hat die Stellungnahme bei ihrer Entscheidung zu berücksichtigen; sie ist jedoch an sie nicht gebunden. Gibt die Kammer keine Stellungnahme ab, so hindert dies den Erlass des Bußgeldbescheids nicht.
3Auf die Anhörung der zuständigen Kammer kann auch dann nicht verzichtet werden, wenn der Betroffene dies beantragt.
Dem Betroffenen ist eine Ausfertigung des Bußgeldbescheids zuzustellen (§ 412 Abs. 1 AO, § 51 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 OWiG). Die Zustellung erfolgt durch die Post mit Zustellungsurkunde (§ 3 VwZG), sofern nicht im Einzelfall eine andere Zustellungsart (z.B. die Zustellung durch die Behörde gegen Empfangsbekenntnis, § 5 VwZG, elektronische Zustellung, § 5a VwZG), zweckmäßig erscheint.
Hilft die BuStra einem Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen Anordnungen, Verfügungen und sonstige Maßnahmen, die nicht nur der Vorbereitung der Entscheidung, ob ein Bußgeldbescheid erlassen wird, dienen (z.B. die Beschlagnahme, nicht dagegen die Einleitung des Bußgeldverfahrens), nicht ab, hat sie den Antrag spätestens innerhalb von 3 Tagen unmittelbar dem nach § 68 OWiG zuständigen Gericht (Amtsgericht, in dessen Bezirk die BuStra ihren Sitz hat) vorzulegen (§ 62 Abs. 2 Satz 2 OWiG; § 306 Abs. 2 StPO).
1Wird gegen den Bußgeldbescheid Einspruch eingelegt und hält ihn die BuStra für zulässig, so hat sie den Bescheid zu überprüfen. Sie kann den Bußgeldbescheid zurücknehmen (§ 69 Abs. 2 Satz 1 OWiG); eine teilweise Rücknahme ist nicht zulässig. Es kann aber nach Rücknahme des Bußgeldbescheids ein neuer, auch verbösernder Bescheid erlassen werden. Die BuStra übersendet die Akten über die Staatsanwaltschaft an das Amtsgericht (§ 69 Abs. 3 Satz 1 OWiG), wenn sie den Bußgeldbescheid nicht zurücknimmt und nicht nach § 69 Abs. 1 Satz 1 OWiG verfährt.
2Wird bei einem verspäteten Einspruch wegen der Fristversäumung Wiedereinsetzung beantragt, so entscheidet die BuStra auch über diesen Antrag (§ 52 Abs. 2 Satz 1 OWiG). Wird der Wiedereinsetzungsantrag erst mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 62 OWiG gestellt, ist zunächst über den Wiedereinsetzungsantrag zu entscheiden und bei Stattgabe weiter nach § 69 Abs. 2 und Abs. 3 OWiG zu verfahren.
1Der Bußgeldbescheid ist mit einer Kostenentscheidung zu versehen (§ 105 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 464 Abs. 1 StPO). Hierbei ist ggf. auch eine Entscheidung darüber zu treffen, wer die notwendigen Auslagen zu tragen hat. Dies gilt auch für den selbständigen Bußgeldbescheid gegen eine juristische Person oder Personenvereinigung (§ 88 Abs. 2 Satz 1 OWiG).
2Stellt die BuStra das Verfahren ein, hat sie eine Kostenentscheidung nur dann zu treffen, wenn sie zuvor den Bußgeldbescheid nach Einlegung eines Einspruchs zurückgenommen hat. In diesem Fall ist ein selbständiger Kostenbescheid zu erlassen, in dem auch darüber zu entscheiden ist, wem die dem Betroffenen oder einem Nebenbeteiligten erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen sind. Dies gilt auch für die Auferlegung von Kosten bei Kostenpflicht des Anzeigenden nach § 105 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 469 StPO.
3War dem Bußgeldverfahren wegen derselben Tat ein Strafverfahren vorausgegangen, so sind Auslagen insoweit nicht zu erheben, als sie in dem eingestellten Strafverfahren entstanden und nicht zugleich durch die Verfolgung der Tat als Ordnungswidrigkeit erwachsen sind.
4Das Verfahren nicht abschließende Bescheide enthalten keine Entscheidung darüber, wer die Kosten trägt (§ 105 Abs. 1 OWiG, § 464 Abs. 2 StPO).
5Die von dem Betroffenen oder einem anderen Beteiligten an die Staatskasse zu zahlenden Kosten sind, sofern die Kostenrechnung nicht auf dem Bußgeldbescheid vorgenommen worden ist, in einer besonderen Kostenrechnung anzusetzen.
6Hat nach der Kostenentscheidung ein Beteiligter Kosten oder Auslagen zu erstatten, so hat die BuStra auf Antrag des Erstattungsberechtigten nach Rechtskraft der Kostenentscheidung die Höhe der Kosten und Auslagen festzusetzen (§ 106 OWiG).
7Wegen der Rechtsbehelfe gegen einen selbständigen Kostenbescheid, gegen einen Kostenfestsetzungsbescheid oder gegen den Ansatz der Gebühren und Auslagen vgl. § 108 Abs. 1 OWiG.
Die Erhebung von Geldbußen, Ordnungsgeldern und Kosten obliegt der Finanzkasse oder der sonst zuständigen Stelle; sie teilt der BuStra Zahlungen, nachträgliche Zahlungen und Nichtzahlungen bei Fälligkeit mit. Wegen der Verbuchung von Teilbeträgen vgl. § 94 OWiG.
1Vollstreckbar sind
2Entscheidungen im Vollstreckungsverfahren obliegen der BuStra (Vollstreckungsbehörde im Sinne des § 92 OWiG). Für die Ausführung der Vollstreckung ist die Vollstreckungsstelle zuständig (Vollstreckungsbehörde im Sinne der §§ 249 ff. AO). Erkennt die Vollstreckungsstelle, dass eine Entscheidung nach § 95 Abs. 2 OWiG zu treffen ist, weil dem Betroffenen nach seinen wirtschaftlichen Verhältnissen die Zahlung in absehbarer Zeit nicht möglich ist, so hat sie eine Entscheidung der BuStra herbeizuführen, ob die Vollstreckung fortgesetzt wird oder unterbleibt.
3Wird der BuStra von der Finanzkasse oder der sonst zuständigen Stelle die Nichteinhaltung von Raten (§ 93 Abs. 4 Satz 1 OWiG) mitgeteilt, vermerkt sie in den Akten, wenn nach § 18 Satz 2 OWiG die Vergünstigung der Ratenzahlung entfällt. Entscheidungen, mit denen Zahlungserleichterungen (§ 18 Satz 1 OWiG) bewilligt oder abgelehnt wurden, können nachträglich geändert oder aufgehoben werden, zum Nachteil des Betroffenen jedoch nur auf Grund neuer Tatsachen oder Beweismittel (§ 93 Abs. 2 OWiG).
4Zahlt der Betroffene nicht, so soll die BuStra nach Ablauf der in § 95 Abs. 1 OWiG bestimmten Frist bei Gericht die Anordnung der Erzwingungshaft beantragen (§ 96 Abs. 1 OWiG), sofern nicht anzunehmen ist, dass die Geldbuße in angemessener Zeit beigetrieben werden kann. Der Antrag ist nicht zu stellen, wenn die Zahlungsunfähigkeit vom Betroffenen dargelegt oder sonst bekannt wurde (§ 96 Abs. 1 Nummern 2 und 4 OWiG). Soll die angeordnete Erzwingungshaft vollzogen werden, hat die BuStra die Staatsanwaltschaft darum zu ersuchen.
5Wird nach Rechtskraft eines Bußgeldbescheides wegen derselben Handlung die öffentliche Klage erhoben, so hat die BuStra die Vollstreckung insoweit auszusetzen (§ 102 Abs. 1 OWiG).
1Die Steufa hat Straftaten im Sinne der Nummern 18 und 19 und Ordnungswidrigkeiten im Sinne der Nummern 105 bis 108 zu erforschen (§ 208 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 AO) und insoweit auch die Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln (§ 208 Abs. 1 Satz 1 Nummer 2 AO). Die Steufa kann im Rahmen des § 208 Abs. 1 Satz 1 Nummer 2 AO auch dann noch die Besteuerungsgrundlagen ermitteln, wenn steuerstraf- oder bußgeldrechtliche Ermittlungen, z.B. wegen Strafverfolgungsverjährung, unzulässig sind. Zu den Aufgaben der Steufa gehören ferner die Aufdeckung und Ermittlung unbekannter Steuerfälle (§ 208 Abs. 1 Satz 1 Nummer 3 AO - sog. Vorfeldermittlungen im Sinne der Nummer 12).
2In Ausnahmefällen hat die Steufa auf Ersuchen der zuständigen Finanzbehörde Außenprüfungen vorzunehmen sowie Ermittlungen im Besteuerungs- und Vollstreckungsverfahren durchzuführen, auch wenn keine Anhaltspunkte für eine Steuerstraftat oder -ordnungswidrigkeit vorliegen (§ 208 Abs. 2 Nummer 1 AO; z.B. bei überörtlichen oder schwierigen Ermittlungen und Auskunftsersuchen in besonderen Fällen); auf Nummer 123 Abs. 5 wird hingewiesen. Entsprechende Ersuchen können bei Vorliegen gewichtiger Gründe zurückgewiesen werden (vgl. § 112 Abs. 3 bis 5 AO).
1Soweit ein Sachverhalt zu ermitteln ist, der sowohl für die Besteuerung, als auch für die strafrechtliche/bußgeldrechtliche Würdigung Bedeutung besitzt, hat die Steufa die Rechte und Pflichten auf Grund der für die Durchführung der Besteuerung und der für das Straf- und Bußgeldverfahren maßgebenden Vorschriften.
2Die für das Besteuerungsverfahren maßgebenden Vorschriften ergeben sich aus den Teilen 1 bis 4 der Abgabenordnung (§ 208 Abs. 1 Satz 2 AO). Die Steufa ist jedoch nach § 208 Abs. 1 Satz 3 AO berechtigt
3Zur Erforschung von Straftaten hat die Steufa
4Zielen die Ermittlungen allein auf die Durchführung der Besteuerung ab, gilt Abs. 2, besitzen sie ausschließlich strafrechtlichen Charakter, gilt Abs. 3 (§ 393 Abs. 1 Satz 1 AO).
5Führt die Steufa Ermittlungen im Sinne der Nummer 122 Abs. 2 durch, so gelten ausschließlich die für das betreffende Verfahren maßgebenden Vorschriften des 1. bis 5. Teils der AO; § 208 Abs. 1 Sätze 2 und 3 AO gelten nicht. Wird eine Außenprüfung durchgeführt, gelten insbesondere die Vorschriften der §§ 193 bis 207 AO sowie die BpO 2000; namentlich bedarf es vor Beginn der Prüfung einer Prüfungsanordnung (§ 196 AO) und ihrer Bekanntgabe (§ 197 AO).
6Ersuchen, Aufträgen und Anordnungen der Staatsanwaltschaft haben die Dienststellen der Steufa und ihre Beamten im Rahmen ihrer Aufgaben nach Nummer 122 Abs. 1 und ihrer Zuständigkeit Folge zu leisten (§ 404 AO; § 161 Abs. 1 Satz 2 StPO; § 152 GVG).
Die Beamten der Steufa sind bei der Vornahme von Amtshandlungen im Rahmen ihrer Zuständigkeit nicht an den Bezirk ihrer Dienststelle gebunden. Bei Amtshandlungen in einem anderen Bezirk ist jedoch die für den Bezirk zuständige Steuerfahndungsstelle oder die sonst zuständige Stelle um Amtshilfe zu ersuchen oder vorher zu unterrichten; Anträge auf gerichtliche Untersuchungshandlungen, insbesondere Anträge auf Durchsuchung und Beschlagnahme, hat die ersuchende Stelle zu veranlassen; auf Nummer 43 Abs. 1 und Nummer 60 Abs. 2 wird hingewiesen. Durchsuchungen, Beschlagnahmen und Vernehmungen in einem anderen Bundesland dürfen, außer bei Gefahr im Verzug, nur im Benehmen mit der örtlich zuständigen Steuerfahndungsstelle, dies insbesondere zur Vermeidung von Doppelermittlungen, vorgenommen werden.
1Soll im Rahmen einer Außenprüfung die Steufa zugezogen werden, so hat dies zu einem möglichst frühen Zeitpunkt zu geschehen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass strafprozessuale Maßnahmen möglichst von der Steufa durchzuführen sind. Dies gilt insbesondere für Vernehmungen, Durchsuchungen und Beschlagnahmen.
2Wird die Steufa mit einem Fall befasst, der neben den straf- oder bußgeldrechtlichen Ermittlungen umfangreiche Feststellungen in steuerlicher Hinsicht erfordert, so ist ggf. eine Teilnahme der Betriebsprüfung zu veranlassen. Nehmen Angehörige der Betriebsprüfung an steuerstraf- oder bußgeldrechtlichen Ermittlungen der Steufa teil, ist insoweit keine Prüfungsanordnung nach § 196 AO zu erlassen.
3Bei gemeinsamen Prüfungen mit der Betriebsprüfung fertigt die Steufa den gesonderten Bericht (vgl. Nummer 127 Abs. 2) über die straf- oder bußgeldrechtlichen Feststellungen; über die steuerlichen Feststellungen in der Regel die Stelle, bei der das Schwergewicht der Prüfung liegt.
4Für die Zusammenarbeit mit anderen Prüfungsdiensten gelten die Absätze 1 bis 3 entsprechend.
Ergeben sich im Rahmen von Ermittlungen der Steufa Hinweise auf Tatsachen, die eine Inanspruchnahme eines Dritten als Haftungsschuldner möglich erscheinen lassen (vgl. AEAO zu § 191), ist zur Sicherung des Steueraufkommens bei der für den Erlass des Haftungsbescheids zuständigen Stelle eine Haftungsinanspruchnahme anzuregen. Die Mitteilung sollte Angaben zu Möglichkeiten der Haftbarmachung (Hinweis auf einschlägige Haftungstatbestände), zur Person des Haftungsschuldners (z.B. gesetzlicher Vertreter nach § 69 AO; Steuerhinterzieher nach § 71 AO) sowie Angaben zu Steuern und Nebenleistungen enthalten, für die eine Haftung in Betracht kommt.
1Hat die Steufa die Ermittlungen durchgeführt, so hat sie die für die Besteuerung erheblichen Prüfungsfeststellungen sowie die Änderungen der Besteuerungsgrundlagen in einem Prüfungsbericht entsprechend § 202 Abs. 1 AO darzustellen. Dieser ist der für die steuerliche Auswertung zuständigen Stelle zu übersenden; § 202 Abs. 2 AO gilt entsprechend. Haben die Feststellungen keine steuerlichen Auswirkungen, so genügt ggf. die Übersendung eines Vermerks; eine Übersendung an die zuständige Stelle kann unterbleiben, wenn diese die Prüfung nicht angeregt hatte.
2Der strafrechtlich bedeutsame Sachverhalt ist in einem gesonderten Bericht festzuhalten. Die für den objektiven und subjektiven Tatbestand bedeutsamen Ermittlungsergebnisse sind aufzuführen. Es kann auf den Prüfungsbericht Bezug genommen werden. Hierbei ist zu beachten, dass der Strafrichter die Höhe der Steuerverkürzung nach dem Grundsatz „im Zweifel für den Angeklagten“ prüfen muss und Ergebnisse einer Schätzung wegen Verletzung der steuerlichen Mitwirkungspflichten (§ 162 AO) aber nicht ohne weiteres vom Besteuerungsverfahren in das Strafverfahren übernommen werden können. Der gesonderte Bericht ist der BuStra unter Beifügung des Prüfungsberichts zu übersenden. War bereits ein Strafverfahren eingeleitet worden, hat sich der Verdacht jedoch nicht bestätigt, so ist dies der BuStra bei der Übersendung des Prüfungsberichts oder Vermerks mitzuteilen.
Auf die Tz. 1.4, 9, 12 und 10, 13 des AEAO zu § 30 wird verwiesen.
1Wegen der Mitteilungspflichten zur Bekämpfung der illegalen Beschäftigung und des Leistungsmissbrauchs sowie zur Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung wird auf die §§ 31a und 31b AO sowie die entsprechenden Regelungen in dem AEAO verwiesen.
2Die Offenbarung der aktuellen wirtschaftlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen ist nach § 31a Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a) AO für die Zumessung der Bußgeldhöhe gemäß § 17 OWiG zulässig, soweit sie für die Durchführung eines Bußgeldverfahrens mit dem Ziel der Bekämpfung von illegaler Beschäftigung oder Schwarzarbeit erforderlich ist. Eine pauschale Übermittlung von Steuerbescheiden und/oder Auszügen aus den Steuerakten ist vom Gesetz nicht gedeckt.
3Wegen der Mitteilungspflicht bei Vorteilszuwendungen im Sinne des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nummer 10 EStG wird auf das BMF-Schreiben vom 10. Oktober 2002 - BStBl I 2002, 1031, das Handbuch „Bekämpfung der Korruption – Handbuch für die Außenprüfungsdienste“ BMF-Schreiben vom 26. November 2014 – IV A 4 – S 1541/07/10005-01 und das BFH-Urteil vom 14. Juli 2008; BStBl II 2008, 850 verwiesen.
1Ergibt sich der Verdacht (vgl. Nummer 26) einer Straftat im Sinne der Nummern 18 und 19, ist die BuStra und - sofern noch weitere Ermittlungen erforderlich sind - die Steufa unverzüglich zu unterrichten. Bei einer nur vagen Vermutung schuldhaften Verhaltens ist nur in Ausnahmefällen eine Unterrichtung geboten.
2Abs. 1 gilt bei Verdacht einer Ordnungswidrigkeit im Sinne der Nummern 105 und 106 entsprechend, sofern nicht von der Durchführung eines Bußgeldverfahrens nach § 47 Abs. 1 OWiG abgesehen werden kann (vgl. Nummer 104). Danach kann trotz Verdachts einer Ordnungswidrigkeit bei einem steuerlichen Mehrergebnis von insgesamt unter 5.000 € in der Regel eine Unterrichtung unterbleiben, wenn nicht besondere Umstände hinsichtlich des vorwerfbaren Verhaltens für die Durchführung eines Bußgeldverfahrens sprechen.
3Eine Unterrichtung der BuStra ist regelmäßig auch dann angezeigt, wenn sich die Möglichkeit ergibt, dass ein Straf- oder Bußgeldverfahren im Sinne der Absätze 1 und 2 durchgeführt werden muss. Diese Möglichkeit besteht dann, wenn für eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit Anhaltspunkte sprechen, die zwar noch nicht zureichend sind, um einen Verdacht zu begründen, die jedoch eine Untersuchung des Falles durch die BuStra geboten erscheinen lassen.
4In Zweifelsfällen empfiehlt sich eine ggf. formlose Kontaktaufnahme zur BuStra oder Steufa.
1Nummer 130 gilt auch für die Außenprüfung (vgl. § 10 Abs. 1 BpO 2000 sowie gleich lautende Ländererlasse zu Anwendungsfragen vom 31. August 2009, BStBl I 2009, 829). Werden im Zuge einer laufenden Außenprüfung Nacherklärungen abgegeben, sind diese grundsätzlich der BuStra zur Prüfung zuzuleiten. Auf Nummer 132 Abs. 1 wird hingewiesen.
2Erscheint es erstmals aufgrund von Erkenntnissen aus der Schlussbesprechung möglich, dass ein Strafverfahren wegen einer Straftat im Sinne der Nummern 18 und 19 oder ein Bußgeldverfahren wegen einer Ordnungswidrigkeit im Sinne der Nummern 105 und 106 durchgeführt werden muss (vgl. Nummer 130 Abs. 3), ist gemäß § 201 Abs. 2 AO ein entsprechender Hinweis zu erteilen. Ein Hinweis ist nicht zu erteilen, wenn eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit deshalb nicht in Betracht kommt, weil kein schuldhaftes oder vorwerfbares Verhalten vorliegt oder offensichtlich ist, dass objektive oder subjektive Tatbestandsmerkmale mit der im Straf- oder Bußgeldverfahren erforderlichen Gewissheit nicht nachzuweisen sind. Falls sich im Rahmen der Schlussbesprechung ein Anfangsverdacht ergibt, ist das Strafverfahren einzuleiten und der Steuerpflichtige zu belehren.
3Der Prüfungsbericht ist der BuStra zuzuleiten,
1Selbstanzeigen (§§ 371, 378 Abs. 3 AO), die als solche bezeichnet oder erkennbar sind, sind der BuStra zuzuleiten. Das gleiche gilt für andere Erklärungen, wenn Anhaltspunkte vorliegen, dass zuvor durch unrichtige, unvollständige oder unterlassene Angaben gegenüber der Finanzbehörde vorsätzlich oder leichtfertig Steuern verkürzt wurden. Keine Vorlagepflicht besteht für Erklärungen, die zweifelsfrei auf nachträglichen Erkenntnissen des Steuerpflichtigen beruhen (vgl. § 153 AO).
2Bei der Umsatz- und Lohnsteuer sind berichtigte oder verspätet abgegebene Steuer(vor)anmeldungen nur in begründeten Einzelfällen (Nichtzahlung der Steuer, Sperrgründe i. S. d. § 371 Abs. 2 Satz 1 Nummer 1, 2 oder 4 AO) an die BuStra weiterzuleiten. Dies gilt nicht für Steueranmeldungen, die sich auf das Kalenderjahr beziehen (§ 371 Abs. 2a Satz 3 AO). Berichtigte oder verspätet abgegebene Steuer(vor)anmeldungen nach Satz 1 führen nicht zum Sperrgrund der Tatentdeckung bei einer Umsatzsteuerjahreserklärung (§ 371 Abs. 2a Satz 2 AO). Ein Zuschlag nach § 398a AO entsteht in diesen Fällen nicht (§ 371 Abs. 2a Satz 1 AO). Die fristgerechte Nachzahlung von Zinsen ist in diesen Fällen keine Wirksamkeitsvoraussetzung (§ 371 Abs. 3 Satz 2 AO).
3Umstände, welche der Straf- oder Bußgeldfreiheit entgegenstehen könnten (§§ 371 Abs. 2, 378 Abs. 3 Satz 1 AO) und in Fällen des § 371 Abs. 3 und des § 378 Abs. 3 Satz 2 AO nachzuentrichtende oder zurückzuzahlende Beträge, sind jeweils mitzuteilen. Da die Entscheidung über die Wirksamkeit der Selbstanzeige auch von der Zahlung der Hinterziehungszinsen nach § 235 AO abhängt, sind diese bevorzugt festzusetzen.
4Zur Behandlung der Selbstanzeige vgl. Nummer 11.
In den Fällen der Nummern 130 bis 132 bleiben die Rechte und Pflichten der beteiligten Amtsträger unberührt, alle unaufschiebbaren Anordnungen zu treffen und Maßnahmen zu ergreifen, um die Verdunklung der Sache zu verhindern (§§ 385, 399 Abs. 2 AO, § 163 Abs. 1 StPO, § 410 Abs. 1 Nummer 7 AO, § 46 Abs. 1, 2 OWiG), insbesondere Beschlagnahmen und Durchsuchungen bei Gefahr im Verzug anzuordnen und durchzuführen.
1Die Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens sowie der Abschluss des Verfahrens und das Ergebnis sind der für die Durchführung der Besteuerung zuständigen Finanzbehörde oder Stelle von der BuStra mitzuteilen.
2Soweit sonstige Behörden oder Stellen der Finanzverwaltung ein Straf- oder Bußgeldverfahren eingeleitet oder die Einleitung durch die BuStra oder Steufa veranlasst haben, gilt für die Unterrichtung dieser Behörden und Stellen durch die BuStra Abs. 1 sinngemäß.
3Auskünfte aus dem Bundeszentralregister (§ 41 Abs. 1 Nummer 4 BZRG) dürfen nur für die Zwecke verwendet werden, für die sie erteilt worden sind (§ 41 Abs. 3 Satz 2 BZRG); es ist daher darauf zu achten, dass diese Mitteilungen bei den Strafakten verbleiben.
Über Angelegenheiten von allgemeiner oder grundsätzlicher Bedeutung sowie dann, wenn Ermittlungen in Fällen von besonderer Bedeutung (vgl. z.B. die Nummern 151, 152) durchgeführt werden sollen oder durchgeführt wurden, ist zu berichten. Dies gilt auch, wenn die Finanzbehörde das Verfahren nicht selbständig durchführt.
1Mitzuteilen sind
2Die Mitteilungen nach Abs. 1 hat die BuStra bzw. eine nach landesrechtlichen Regelungen hierzu bestimmte andere Stelle vorzunehmen.
1Bei Vorliegen eines zwingenden öffentlichen Interesses kann eine Mitteilung auch dann in Betracht kommen, wenn sie nicht ausdrücklich vorgeschrieben ist. Bezüglich Mitteilungen bei dienstlichen und außerdienstlichen Verfehlungen eines Beamten oder Richters wird auf das BMF-Schreiben vom 12. März 2010, BStBl I 2010, 222, geändert durch BMF-Schreiben vom 20. Juni 2011, BStBl. I 2011, 574, verwiesen (zu sonstigen Angehörigen der Finanzverwaltung vgl. Tz. 8.6 AEAO zu § 30 AO).
2Die auf Grund besonderer Vorschriften und Weisungen bestehenden sonstigen Unterrichtungspflichten (vgl. z.B. §§ 5 Abs. 3, 10, 27 Abs. 3 StBerG; Nummer 135) bleiben unberührt (vgl. gleich lautende Ländererlasse vom 22. Juli 2014; BStBl I 2014, 1195).
3Für Mitteilungen im Strafverfahren gilt die MiStra entsprechend.
4Für Mitteilungen im Ordnungswidrigkeitenverfahren gelten die §§ 49a bis 49d OWiG.
Wegen der zentralen Sammlung und Auswertung von Unterlagen über steuerliche Auslandsbeziehungen beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) - Informationszentrale Ausland (IZA) - wird auf das BMF-Schreiben vom 6. Februar 2012 - IV B 6 - S 1509/07/0001 - (BStBl. I 2012, 241) hingewiesen. Das Bundeszentralamt für Steuern nimmt Mitteilungen gemäß § 116 Abs. 1 AO von Gerichten und Behörden von Bund, Ländern und kommunalen Trägern der öffentlichen Verwaltung entgegen und leitet sie an die für das Steuerstrafverfahren zuständigen Finanzbehörden weiter. Eine Mitteilung an die für das Steuerstrafverfahren zuständigen Finanzbehörden ist ebenfalls zulässig. Diese übersenden die Mitteilung an das BZSt, soweit dieses nicht bereits erkennbar unmittelbar in Kenntnis gesetzt worden ist.
1Auf das Merkblatt über die Zusammenarbeit zwischen Steuer und Zoll (Anlage zum BMF Schreiben vom 5. Juli 2016 – III C 3/S 7420/08/10038 - IV A 4/S 1515/07/10001, auf die Regelung über die Grundsätze der Zusammenarbeit zwischen der Finanzkontrolle Schwarzarbeit der Zollverwaltung (FKS) und den Landesfinanzbehörden gemäß § 2 Abs. 2 S. 3 SchwarzArbG und auf das Typologiepapier (Anlagen zum BMF-Schreiben vom 8. November 2016 - III A 3 – SV 3040/12/10007:002) in ihrer jeweils gültigen Fassung wird hingewiesen. Zu den Aufgaben der Hauptzollämter vgl. § 12 Abs. 2 FVG.
2Die Finanzbehörde kann das Zollkriminalamt Köln (ZKA) zur Sicherung und Auswertung von Beweismitteln für kriminaltechnische Untersuchungen in Anspruch nehmen (vgl. § 3 Abs. 11 ZFdG). Dies gilt z.B., wenn die Echtheit von Urkunden oder Stempelabdrucken geprüft, das Alter von Schriftstücken bestimmt, übermalte, radierte oder Reliefschriften lesbar gemacht oder ein Handschriften- oder Maschinenvergleich angestellt werden soll. Wird das ZKA gebeten, einen Schriftvergleich vorzunehmen, ist dem Ersuchen möglichst umfangreiches Vergleichsmaterial beizufügen. Es sollen dabei nur im Original vorhandene Schriftstücke vorgelegt werden, weil Durchschriften oder Reproduktionen jeder Art für eindeutige Untersuchungsergebnisse nicht geeignet sind. In Einzelfällen kann es zweckmäßig sein, dass sich die Finanzbehörde möglichst frühzeitig mit dem jeweils zuständigen Sachverständigen des ZKA in Verbindung setzt, damit dieser Hinweise für die Beschaffung von Schriftproben für die Untersuchung geben kann. Auf die Richtlinien für die Beschaffung von Handschriftenproben, die Richtlinien für die Beschaffung von Beweismaterial zur kriminaltechnischen Untersuchung von Schreibmaschinenschriften und die Prüfliste zur Erkennung von Fälschungsmerkmalen auf Urkunden im grenzüberschreitenden Verkehr wird hingewiesen.
1Zur Förderung der Zusammenarbeit mit den Staatsanwaltschaften empfehlen sich regelmäßige Kontaktgespräche. Diese Kontaktgespräche sollen auch der Unterrichtung der Staatsanwaltschaft über an sie abzugebende oder von ihr zu übernehmende Strafsachen dienen (vgl. Nummer 22), außerdem der Erörterung allgemeiner Fragen der Strafzumessung bei Strafbefehlsanträgen (vgl. Nummer 267 Abs. 2 RiStBV).
2Soweit Kenntnisse über nichtsteuerliche Straftaten der Staatsanwaltschaft mitgeteilt werden dürfen (z.B. Nummer 21 Abs. 2), veranlasst die BuStra die Mitteilung. Die Steufa kann ihre Kenntnisse selbst mitteilen. In Fällen des § 194 Abs. 3 StGB (z.B. Beamtenbeleidigung) stellt der Dienstvorgesetzte direkt bei der Staatsanwaltschaft den Strafantrag.
3Wenn in den Fällen der Nummer 22 Abs. 1 Nummer 4 die Steuerstrafsache nicht an die Staatsanwaltschaft abgegeben wird, ist diese im Benehmen mit der Staatsanwaltschaft zu bearbeiten.
4Im Rahmen ihrer Befugnisse und Möglichkeiten sollen die Finanzbehörden auf Grund ihrer besonderen fachlichen Kenntnisse die Staatsanwaltschaft auch in anderen Fällen der Verfolgung nichtsteuerlicher Strafsachen unterstützen, z.B. durch allgemeine Auskünfte.
Für kriminaltechnische Begutachtungen (vgl. Nummer 139 Abs. 2) können auch die Landeskriminalämter um Hilfe ersucht werden.
1Bei Zusammentreffen einer Steuerstraftat mit anderen Delikten, z.B. Untreue, Betrug oder Urkundenfälschung, kann ein gemeinsames Vorgehen der Steufa mit der Kriminalpolizei angebracht sein. Dies gilt namentlich für Durchsuchungen, Vernehmungen und Telekommunikationsüberwachungen. Kommt es bei Ermittlungsmaßnahmen auf die Kenntnis der örtlichen Verhältnisse an, so kann sich die Steufa im Wege der Amtshilfe an die zuständigen Polizeidienststellen wenden. Wegen der Heranziehung der Polizei zur Hilfeleistung bei Widerstand im Rahmen einer Durchsuchung wird auf Nummer 63 Abs. 5 verwiesen.
2Führt die Kriminalpolizei im Verfahren der Staatsanwaltschaften Ermittlungen durch, für die auch die Finanzbehörden zuständig sind, so kann die Steufa an den Ermittlungen teilnehmen (§ 403 Abs. 1 Satz 1 AO).
3Bei der Bekämpfung der illegalen Beschäftigung und Schwarzarbeit sowie der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung haben die BuStra und die Steufa mit den für die Verfolgung und Ahndung zuständigen Behörden zusammenzuarbeiten.
Anfragen über gewerbebezogene Verurteilungen sollen an das Gewerbezentralregister (53094 Bonn) gerichtet werden.
1Die Auskunfts- und Vorlagepflicht Dritter nach den §§ 93, 97, 100 AO und nach § 208 Abs. 1 Sätze 2 und 3 AO sowie die Möglichkeit der Durchsetzung dieser Pflicht mit Zwangsmitteln nach § 328 AO bestehen unabhängig von der Befugnis zur Einholung von Auskünften aufgrund von Vorschriften des Strafverfahrensrechts (vgl. z.B. Nummer 16).
2Im Besteuerungsverfahren sind zur Durchsetzung der Auskunfts- und Vorlagepflicht Zwangsmittel gegenüber Behörden des Bundes oder eines Landes nicht zulässig (§ 255 Abs. 1 Satz 1 AO).
3Werden im Besteuerungsverfahren Auskünfte bei Angehörigen eines Beteiligten eingeholt, sind diese über ihr Auskunftsverweigerungsrecht zu belehren (§ 101 AO). Das gleiche gilt für Personen, die nicht Beteiligte und nicht für einen Beteiligten auskunftspflichtig sind, hinsichtlich solcher Fragen, deren Beantwortung sie selbst oder einen ihrer Angehörigen der Gefahr der Verfolgung wegen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit aussetzen würde (§ 103 AO).
4Im Straf- oder Bußgeldverfahren kann an Stelle eines Auskunftsersuchens eine Zeugenvernehmung (vgl. Nummer 47), die Forderung auf Vorlage und Auslieferung von Beweisgegenständen oder eine Durchsuchung und Beschlagnahme (vgl. Nummern 56 ff.) geboten sein.
1Kreditinstitute sind verpflichtet, im Besteuerungsverfahren gestellte Auskunftsersuchen zu beantworten (§§ 93, 93b AO).
2Die Verpflichtung zur Auskunft gilt auch für Behörden und sonstige öffentliche Stellen, die Bankgeschäfte betreiben, einschließlich der Deutschen Bundesbank, der Landeszentralbanken, sowie der Organe und Bediensteten dieser Stellen (§§ 93, 105 Abs. 1 AO). Ihre Verpflichtung zur Verschwiegenheit besteht nicht gegenüber Finanzbehörden. Nummer 144 Abs. 2 ist zu beachten.
3Die vorstehende Regelung gilt entsprechend für Ersuchen auf Vorlage von Urkunden und Wertsachen (§§ 97, 100 AO).
1Wegen der Befugnis zur Einholung von Auskünften im Strafverfahren wird auf die Nummern 17 und 123, wegen dieser Befugnis im Bußgeldverfahren wird auf die Nummern 103 und 144 verwiesen.
2Vor Stellung eines Antrags auf gerichtliche Anordnung einer Durchsuchung oder Beschlagnahme (vgl. Nummer 60) ist zu prüfen, ob sich mit weniger einschneidenden Maßnahmen derselbe Erfolg erreichen lässt (vgl. Nummer 3). In geeigneten Fällen ist ein Durchsuchungs- oder Beschlagnahmebeschluss mit der Maßgabe zu beantragen, dass dem Kreditinstitut nachgelassen wird, die Durchsuchung oder Beschlagnahme durch eine Auskunft, durch Gewährung von Einsicht in Belege oder durch Anfertigung und Herausgabe von Fotokopien abzuwenden. Zur Aufklärung des Sachverhalts kann auch eine Vernehmung von Inhabern, Geschäftsleitern oder Bediensteten der Kreditinstitute als Zeugen in Betracht kommen.
3Ein Herausgabeverlangen im Sinne § 95 Abs. 1 StPO kann auch auf Datenträger oder Computerausdrucke gerichtet werden, die erst aus einem Gesamtdatenbestand herauszuziehen sind (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 18. Februar 2003, 2 BvR 372/01; BGH-Beschluss vom 20. März 2003, 1 BGs 107/03). Im Rahmen eines Auskunfts- und Herausgabeersuchens sind Vorgaben der Staatsanwaltschaft oder BuStra, in welcher Form ein Kreditinstitut die angeforderten Unterlagen zur Verfügung zu stellen hat, als Annex zur Anordnungskompetenz am Maßstab von Zweckmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit zu messen. Der Übermittlungsweg auf Datenträgern in elektronisch auswertbarer Form ist zweckmäßig und verhältnismäßig, da er regelmäßig eine sichere, vollständige und rasche Umsetzung des Auskunftsersuchens gewährleistet. Der pauschale Verweis des Kreditinstituts auf nicht entschädigte Mehrkosten rechtfertigt kein überwiegendes Interesse an einer anderen Übermittlungsart in Papierform. Verpflichteter des Herausgabeverlangens nach § 95 Abs. 1 StPO ist das Kreditinstitut als juristische Person, gesetzlich vertreten durch seine Organe (LG Limburg, Beschluss vom 18. Februar 2019, 1 Qs 5/19).
1Eine Entschädigung der Kreditinstitute im Straf- oder Bußgeldverfahren richtet sich nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG).
2Für das Besteuerungsverfahren gilt § 107 AO (vgl. AEAO zu § 107).
Zur Feststellung der Auftraggeber von Chiffreanzeigen sind Auskunftsersuchen an die Presse in Besteuerungsverfahren sowie in Straf- und Bußgeldverfahren zulässig, wenn ein hinreichender Anlass für die Ermittlungen besteht und das Auskunftsersuchen zur Sachverhaltsaufklärung geeignet und notwendig sowie die Inanspruchnahme der Presse erforderlich, verhältnismäßig und zumutbar ist (vgl. BFH-Urteil vom 12. Mai 2016 - II R 17/14 - BFHE 253, 505). Das Auskunftsersuchen ist zu begründen. Das Auskunfts- und Zeugnisverweigerungsrecht der Mitarbeiter der Presse nach § 102 Abs. 1 Nummer 4 AO und § 53 Abs. 1 Nummer 5 StPO erstreckt sich nur auf den redaktionellen Teil von Druckwerken, nicht auf Anzeigen.
1Aussagen, die mittels verbotener Vernehmungsmethoden (§ 136a Abs. 1 und 2 StPO, z.B. Täuschung) zustande gekommen sind, dürfen nicht verwertet werden (§§ 136a Abs. 3, 69 Abs. 3, 72 StPO). Liegt ein Verstoß gegen § 136a StPO vor, so ist die Vernehmung soweit erforderlich - neu durchzuführen. Vor der erneuten Vernehmung ist darüber zu belehren, dass die erste Vernehmung unverwertbar ist (sog. qualifizierte Belehrung, vgl. BGH NJW 2007, 2706).
2Sind Angehörige des Beschuldigten vor ihrer Vernehmung als Zeugen (§ 52 Abs. 3 StPO) oder Sachverständige (§ 72 StPO) nicht über ihr Zeugnisverweigerungsrecht belehrt worden, so kann die Aussage nicht verwertet werden. Das gleiche gilt, wenn der Angehörige nach der Belehrung von seinem Aussageverweigerungsrecht zunächst keinen Gebrauch macht, diesen Verzicht aber noch im Laufe der Vernehmung widerruft.
3Im Falle von Ermittlungsmaßnahmen gegen einen zeugnisverweigerungsberechtigten Berufsgeheimnisträger im Sinne von § 53 StPO, der nicht selbst Beschuldigter ist, sind die Beweisverwertungsverbote gemäß § 160a StPO zu beachten. Eine entsprechende Ermittlungsmaßnahme, die voraussichtlich Erkenntnisse erbringen würde, über die diese Person das Zeugnis verweigern dürfte, ist unzulässig. Gleiches gilt für Ermittlungsmaßnahmen gegen seine mitwirkenden Personen im Sinne von § 53a StPO.
4Die Verwertung von Beweismitteln, die entgegen § 97 StPO beschlagnahmt wurden, ist unzulässig (vgl. Nummer 58).
5Ist die Belehrung des Beschuldigten über sein Recht, nicht zur Sache auszusagen, unterblieben (§ 136 Abs. 1 Satz 2 StPO i.V.m. § 163a Abs. 3 und 4 Satz 2 StPO), darf die Aussage nicht verwertet werden (vgl. BGH-Urteil vom 27. Februar 1992 - 5 StR 190/91 - NJW 1992, 1463, wistra 1992, 187); das Gleiche gilt, wenn der Beschuldigte infolge seines geistig-seelischen Zustandes die Belehrung nicht verstanden hat (vgl. BGH-Urteil vom 12. Oktober 1993 - 1 StR 475/93 - NJW 1994, 333).
1Verstöße gegen Ordnungs- und Formvorschriften bei der Anordnung und Ausführung einer strafprozessualen Maßnahme machen die Beweismittel, die sich auf Grund der Maßnahme ergeben, nicht unverwertbar (vgl. z.B. BGH-Beschluss vom 18. November 2003 – 1 StR 455/03 – NStZ 2004, 449). Darüber hinaus gilt dies auch bei irrtümlicher Annahme von Gefahr im Verzug in den Fällen des § 98 Abs. 1 und des § 105 Abs. 1 StPO, solange keine bewusste Missachtung des Richtervorbehaltes anzunehmen ist. Ein Verstoß gegen die Regelungen des § 105 Abs. 2 StPO, wonach bei einer Durchsuchung grundsätzlich Zeugen zuzuziehen sind, hat weder ein Verwertungsverbot im Strafverfahren (BGH-Beschluss vom 31. Januar 2007 – StB 18/06) noch im Besteuerungsverfahren (BFH-Beschluss vom 28. April 2014 – X B 3/14) zur Folge.
2Ein Verwertungsverbot besteht auch dann nicht, wenn Vorschriften verletzt werden, die nicht im Interesse und zum Schutz des Beschuldigten erlassen worden sind. So kann die ohne Aussagegenehmigung gemachte Aussage eines Angehörigen des öffentlichen Dienstes (vgl. § 54 StPO) verwertet werden. Das gleiche gilt für die Aussage eines Zeugen, der auf sein Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 Abs. 1 StPO nicht hingewiesen worden ist.
3Erkenntnisse, die die Finanzbehörde oder die Staatsanwaltschaft rechtmäßig im Rahmen strafrechtlicher Ermittlungen gewonnen hat, dürfen im Besteuerungsverfahren verwendet werden. Dies gilt auch für Erkenntnisse, die dem Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis unterliegen, soweit die Finanzbehörde diese rechtmäßig im Rahmen eigener strafrechtlicher Ermittlungen gewonnen hat oder soweit nach den Vorschriften der Strafprozessordnung Auskunft an die Finanzbehörden erteilt werden darf.
4Zur steuerlichen Verwertung bei Verletzung der Belehrungspflicht gemäß § 393 Abs. 1 Satz 4 AO vgl. Nummer 16 Abs. 3.
5Offenbart der Steuerpflichtige im Rahmen einer Selbstanzeige eine allgemeine Straftat, die er zugleich mit der Steuerhinterziehung begangen hat – wie z.B. bei einer tateinheitlich begangenen Urkundenfälschung -, besteht kein Verwendungsverbot gemäß § 393 Abs. 2 AO hinsichtlich eines solchen Allgemeindelikts (vgl. BGH-Beschluss vom 5. Mai 2004 – 5 StR 548/03 – wistra 8/2004, 309).
6Verweigert ein zeugnisverweigerungsberechtigter Berufsgeheimnisträger (§ 53 StPO) oder seine mitwirkende Person (§ 53a StPO) erst im Verlaufe der Zeugenvernehmung die weitere Aussage, so sind die bis dahin getätigten Angaben verwertbar.
7Beweismittel, die von Dritten erlangt wurden, sind – selbst wenn dies in strafbewehrter Weise erfolgte – grundsätzlich verwertbar. Bei der Beurteilung eines möglichen Verwertungsverbotes müssen allein von einem Informanten begangene Straftaten nicht berücksichtigt werden (vgl. Beschluss des BVerfG vom 9. November 2010 – 2 BvR 2101/09).
1Entsteht der Verdacht (vgl. Nummer 26), dass ein Mitglied des Europäischen Parlaments, des Deutschen Bundestages oder einer gesetzgebenden Körperschaft eines Landes eine Straftat im Sinne der Nummern 18 oder 19 begangen hat, gibt die BuStra die Sache ohne weitere Ermittlungen sogleich an die Staatsanwaltschaft ab (vgl. Nummer 22 Abs. 1 Satz 3 Nummer 6, Satz 2).
2Die Immunität hindert nicht, ein Bußgeldverfahren durchzuführen (vgl. Nummer 298 RiStBV).
3In einem Verfahren gegen Dritte kann auch bei einem Abgeordneten ermittelt, insbesondere von ihm die Herausgabe von Gegenständen oder deren Vorlage verlangt (§ 95 StPO) oder bei ihm durchsucht werden (§ 103 StPO). Hierbei sind das Zeugnisverweigerungsrecht des Abgeordneten sowie das Beschlagnahmeverbot zu beachten (§ 53 Abs. 1 Nummer 4, § 97 Abs. 3 StPO; § 6 EuAbgG).
4In den Fällen der Absätze 1 bis 3 ist unverzüglich, ggf. vorab fernmündlich, der vorgesetzten Behörde zu berichten. Verfahren zur Durchführung der Besteuerung können ungeachtet der Immunität eingeleitet und fortgeführt werden.
1Gegen Mitglieder diplomatischer Vertretungen und andere von der inländischen Gerichtsbarkeit befreite Personen (§§ 18, 20 GVG) dürfen keine Strafverfahren eingeleitet und ohne deren ausdrückliche Zustimmung keine sonstigen Maßnahmen im Strafverfahren ergriffen werden (vgl. Nummern 193 ff. RiStBV). Wegen des Personenkreises, der Vorrechte und Befreiungen genießt, vgl. Abschnitt II der Bestimmungen über Diplomaten und andere bevorrechtigte Personen . In Besteuerungsverfahren sind nur solche Ermittlungen unzulässig, die auch nach Abs. 2 Satz 1 als Maßnahmen im Strafverfahren nicht statthaft wären.
2Maßnahmen, welche in die Rechtssphäre eines Diplomaten oder einer gleichbehandelten Person einschließlich deren Diensträume und Wohnungen eingreifen, sind auch in einem Verfahren gegen eine andere Person unzulässig, wenn der Betroffene nicht ausdrücklich zustimmt. Bei nach Satz 1 zulässigen Feststellungen sind Nummern 193 ff. RiStBV entsprechend sowie Abschnitt III der Bestimmungen über Diplomaten und andere bevorrechtigte Personen anzuwenden.
3Die Mitglieder konsularischer Vertretungen unterliegen der Strafverfolgung, soweit sie nicht nach Maßgabe des Völkerrechts, insbesondere des WÜK vom 24. April 1963 (BGBl. 1969 II, 1585 ff.) von der deutschen Gerichtsbarkeit befreit sind (§ 19 GVG; Abschnitt IV der Bestimmungen über Diplomaten und andere bevorrechtigte Personen).
4Honorarkonsule genießen lediglich Amtshandlungsimmunität, die sie vor Strafverfolgung nur in unmittelbarer Wahrnehmung ihrer konsularischen Aufgaben schützt.
5Der vorgesetzten Behörde ist unverzüglich zu berichten. Die Sache ist sogleich an die Staatsanwaltschaft abzugeben (vgl. Nummer 22 Abs. 1 Satz 3 Nummer 6 und Satz 4).
6Für den Verkehr mit ausländischen diplomatischen und konsularischen Vertretungen gelten die Nummern 133 - 137 der Richtlinien für den Verkehr mit dem Ausland in strafrechtlichen Angelegenheiten vom 23. Dezember 2016 (RiVASt). Soll ein Diplomat oder eine andere von der inländischen Gerichtsbarkeit befreite Person als Zeuge vernommen werden, sind die Nummern 196 - 198 RiStBV entsprechend anzuwenden.
7Die Absätze 1 bis 4 gelten für das Bußgeldverfahren entsprechend (vgl. Nummer 299 RiStBV).
Gegen Mitglieder einer Truppe oder eines zivilen Gefolges eines NATO-Staates oder deren Angehörige können Strafverfahren und Bußgeldverfahren durchgeführt werden. Es müssen aber das NATOTrStat vom 19. Juni 1951 sowie das NATOTrStatZAbk (BGBl. 1961 II, 1218) sowie der StreitkrNotWG vom 25. September 1990 (BGBl. 1994 II, 26) beachtet werden. Ein Strafverfahren ist sogleich an die Staatsanwaltschaft abzugeben (vgl. Nummer 22 Abs. 1 Satz 3 Nummer 6, und Satz 4).
Strafverfahren gegen Jugendliche und Heranwachsende (§ 1 Abs. 2 JGG) sind sogleich an die Staatsanwaltschaft abzugeben (vgl. Nummer 22 Abs. 1 Satz 3 Nummer 6 und Satz 4). Dies gilt auch, sobald sich Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Beschuldigte vermindert schuldfähig (§ 21 StGB) oder aus psychischen Gründen in seiner Verteidigung behindert ist.
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